Montag, 23. März 2009
ZwischenrufOpel ist überall
Von Manfred Bleskin
Die Parteien der Großen Koalition beharken sich in einer Weise, als wären sie keine Regierungspartner, sondern politische Gegner. Das ist nachvollziehbar, denn ein jeder muss sich so vom jeweils anderen abheben, auf dass der Wähler die Unterschiede erkenne und beim nächsten Mal ihm und nicht dem anderen die Stimme gebe. Gleichwohl ist es falsch. Wir befinden uns mitten in einer schweren Krise. Da will der Bürger noch weniger als sonst Parteiengezänk, sondern Antworten. Auch, aber nicht nur auf die Frage, ob der Staat bei Opel einsteigt oder nicht. Denn Opel ist überall.
Nachdem im vergangenen Herbst auch der Bundesfinanzminister erkannt hatte, dass es nicht gut steht um Wirtschaft und Finanzen, sind Milliarden und Abermilliarden geflossen. Die Arbeitslosenzahl steigt trotzdem. Dass sie nicht noch rascher wachsen, ist lediglich der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes geschuldet. Einst waren es ABM und Umschulungen, welche die Statistik verschleierten. Viele Banken denken gar nicht daran, Kredite auszureichen. Im Gegenteil: Sie sitzen auf dem Geld und erhöhen so ihr Eigenkapital, bis das Ganze vorüber ist und sie weitermachen wie bisher. Die Bundeskanzlerin sieht sich vor lauter Aufregung schon als Staatsoberhaupt. Leider handelt sie auch so: Sie gibt Denkanstöße, verändert aber nichts. So findet es Angela Merkel nicht richtig, wenn sich die Manager der Hypo Real Estate Sonderzahlungen unter den Nagel reißen. Die Entscheidung, eine Verkäuferin wegen Pfandgutscheins in Nullsummenhöhe auf die Straße zu werfen, erscheint ihr schwer verständlich. Aber die Judikative ist unangreifbar. Wollte sie nicht gerade die Verfassung ändern, um das Projekt "Reform der Jobcenter" durchzusetzen?
Die Bundesjustizministerin sagt, Herrn Zumwinkel könne man seine 20 Millionen-Euro-Rente-auf-einmal-Zahlung a posteriori nicht mehr streitig machen: Das Geld sei schon geflossen, da könne man nichts zurückverlangen. Hat sich Brigitte Zypries einmal mit dem Fall des Berliners beschäftigt, dem das Bundessozialgericht in Kassel 227 Euro Krankengeld streitig machte? Hintergrund: Der Mann war bis Ende November krank, stellte anschließend den Antrag auf Hartz IV, das Krankengeld ging aber erst Anfang Dezember ein. Dass das Krankengeld für vorhergegangene Zeiträume bestimmt war, sei "unerheblich", lautete der Urteilsspruch.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer erklärt, die SPD solle doch aus der Koalition ausscheiden. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering erwidert, seine Partei wolle den CSU-Chef quälen, solange sie könne. In den Augen der Bürger erscheint dies, als wäre es nicht mehr der Schwur, Schaden von unserem Land und damit von seinen Bürgern abzuwenden, sondern die Gier nach Macht, die die Koalition zusammenhält. Der Machtkampf im Regierungs"bündnis" quält nicht den Münchner Regierungschef, sondern die Bürger.
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