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Quelle und Weiterlesen:In seinem zweiten Urteil zu Hartz IV folgte sich nun das Bundesverfassungsgericht selbst nur noch zögerlich und mürrisch. Es nahm nämlich, neu besetzt und mit dem ehemaligen CDU-Politiker Stephan Harbarth als Vorsitzendem (der mit Hartz IV im Bundestag vorbefasst gewesen war), sein eigenes Urteil aus dem Jahr 2010 zum Existenzminimum nicht richtig ernst: Das Verfassungsgericht erlaubte nämlich die Minimalisierung dieses Existenzminimums zwar nicht in der bisherigen Höhe, aber doch dem Grundsatz nach. Das Karlsruher Urteil lässt das kalte Herz von Hartz IV weiterschlagen, nach Implementierung von ein paar Stents.
Es bleibt dabei, dass Elemente des Strafrechts im Sozialrecht eine große Rolle spielen...
Sozial schwach
Das Urteil aus Karlsruhe zu den Hartz IV-Sanktionen ist eine vertane Chance, schreibt Heribert Prantl in seiner Kolumne.

Präzisierend möchte ich dem noch Folgendes hinzufügen und gegenüberstellen:
Selbst Verbrechern muss dass Existenzminimum zugestanden werden, Erwerbslosen nicht, auch dann nicht wenn sie sich gegen schlimme Zustände bei den Behörden und im prekären Arbeitsmarkt zur Wehr setzen. Das BVerfG verkennt völlig dass die zuständigen Behörden eben gerade nicht in der Form agieren wie es im Urteil gefordert und beschrieben wird. Dort fehlt es schon weitgehend daran, dass Mitarbeitern die nötige Qualifikation und Motivation fehlt Entscheidungen in der Weise zu treffen wie sie ihm vom Gesetzgeber auferlegt werden.
Das hierzu vom BVerfG gezeichnete Bild ist also mehr eine Trugschluss um das eigene Gewissen und die Vorgehensweise zu rechtfertigen. Mit der Realität hat das aber weithin nichts mehr zutun. Die zuständigen Behörden sind ja vielfach noch nicht einmal in der Lage eingereichte Dokumente hinreichend zu verwahren.
Und weiter hier;Urteil vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 meinte:Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.
Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden.«
und weiter:Urteil vom 05. November 2019 - 1 BvL 7/16 Randziffer 120 meinte:Diese Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums ist auch zur Erreichung anderweitiger Ziele nicht zu relativieren (vgl. BVerfGE 132, 134 <173 Rn. 95>)...
RN 123 meinte:Insbesondere die Menschenwürde ist ohne Rücksicht auf Eigenschaften und sozialen Status, wie auch ohne Rücksicht auf Leistungen garantiert (vgl. BVerfGE 87, 209 <228>); sie muss nicht erarbeitet werden, sondern steht jedem Menschen aus sich heraus zu. Die eigenständige Existenzsicherung des Menschen ist nicht Bedingung dafür, dass ihm Menschenwürde zukommt; die Voraussetzungen für ein eigenverantwortliches Leben zu schaffen, ist vielmehr Teil des Schutzauftrags des Staates aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG. ...
Eindeutig möchte man meinen, doch nun der Fallrückzieher, der jedem Beteiligten die Schamröte ins Gesicht treiben müsste:
RN 123/124 meinte:124
a) Auch der soziale Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen wirkliche Bedürftigkeit vorliegt
Was für scheinheiliger Populismus.
Dem ist mit der umfangreichen Bedürftigkeitsprüfung bereits mehr als ausreichend Rechnung getragen, daher ist auch jeder dahingehende Verweis auf etwas wie ein "bedingungsloses Grundeinkommen" rein populistischer Nonsens.
Das BVerfG schafft nun im Weiteren nichts anderes als die Möglichkeit einer Art Lohnsklaverei denn niemand hat mehr die Möglichkeit einen Job wegen zu niedrigem Lohn abzulehnen ohne dann von verantwortungslosen Behörden als Arbeitsverweigerer eingestuft zu werden wofür dann wiederum das weiter oben, als u.a UNVERFÜGBAR eingestufte Existenzminimum entzogen werden kann. Man weiß "oben" offensichtlich nicht mehr wirklich was man tut, weil man offensichtlich nur noch die populistischen Interessen des "Staates" im Auge hat. Wen wundert es noch dass das Land immer weiter gespalten wird wenn selbst hoch angesehene Akademiker, mit dem Auftrag Grundrechte zu schützen, sich nicht mehr zu schade sind Winkeladvokat zu spielen und die verfassungsrechtliche Rechtsprechung der Lächerlichkeit preiszugeben.
Man kann die Relativierung der Menschenwürde ja beim finalen Rettungsschuss noch mit seinem Gewissen vereinbaren. Erwerbslose jedoch psychischer Folter auszusetzen (ja, so wirkt sich das real aus) und das Verhungern lassen im Fall des dagegen Aufbegehrenden (was es real zumeist ist) lapidar als "Schutz des Steuerzahlers" hinzustellen ist unter aller Würde.
Dagegen muss jeder mündige Bürger aufbegehren denn derlei ist zumindest ein nicht mehr hinnehmbarer "Anfang".