Übergangsgeld nach Zeitarbeit: regelm. Wochenarbeitszeit zu niedrig

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Salamander

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Hallo liebe Leute,

im Rahmen einer Reha-Maßnahme beginne ich nächste Woche eine 2jährige BfW-Umschulung. Nun kam kurz vor knapp die Berechnung des Übergangsgeldes und ist viel niedriger als erwartet. Dass die überall auftauchenden einfachen Formeln (zBsp: 68% vom letzten Nettogehalt, wie von meiner Reha-Beraterin kolportiert) hinten und vorne nicht stimmen habe ich mittlerweile gelernt.

Ein Anruf bei der Hotline hat mir außer einem absolut ahnungslosen und unfreundlichen Mitarbeiterkontakt rein gar nichts gebracht aber immerhin wurde ich tags darauf von der Rechnungstelle zurück gerufen. Dort hatte man sich den Bescheid bereits angesehen und mir mitgeteilt, dass schon ein neuer unterwegs sei. Es wurden mir darin, ohne weitere Erläuterung zusätzliche 20€ im Monat gewährt. Das ist allerdings immer noch deutlich unter dem Erwarteten. Deshalb habe ich sofort Widerspruch eingelegt. Begründet habe ich ihn mit der Vermutung, dass eine falsche Wochenarbeitszeit zugrunde gelegt wurde. Heute kam auch schon die Ablehnun (und endlich auch mit einer nachvollziehbaren Detail-Berechnung).

Der Kern des Problems liegt demnach tatsächlich darin, dass im Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden vereinbart wurde. ABER: ich war für die Dauer des gesamten (letzten) Arbeitsverhältnisses in einer Fabrik eingesetzt deren wöchentliche Arbeitszeit, je nach Schicht, mindestens 40 Stunden pro Woche verlangte. Die letzten 8 Monate war ich ausnahmslos in der Nachtschicht beschäftigt und kam dort ebenfalls ausnahmslos auf diese 40 Stunden in der Woche. Dies lässt sich auch aus der durchschnittlichen Arbeitszeit von 160,89 Stunden im Monat ablesen. Ich habe in dieser Fabrik bereits das vierte Jahr hintereinander jeweils die gesamte Saison (ca. 10 Monate pro Jahr) mitgemacht. Die Differenz zwischen den vertraglich vereinbarten 35 Wochenstunden und den tatsächlich, regelmäßig(!), vom Einsatzbetrieb vorgebenen 40 Stunden landeten auf einem Arbeitszeitkonto. Dies ist wohl auch so üblich in der Zeitarbeitsbranche und deren Tarifvereinbarungen.

Zur Berechnung meines Übergangsgeldes auf Stundenlohnbasis nutzt man nun folgende Formel:

Durchschnittliches Brutto-Arbeitsentgelt der letzten drei Monate : durschnittliche Arbeitszeit im Monat x vereinbarte wöchentliche Arbeitsstunden laut Vertrag --> Ergebnis : 7 + anteilige Einmalzahlung

Konkret in meinem Fall:
1936,55€ : 160,89 Stunden x 35 Stunden= 421,28 : 7 Tage = 60,18 + 0,42€ (Weihnachtsgeld) = 60,60€
Bemessungsgrundlage sind demnach 80% von 60,60€ => 48,48€ => 68% von 48,48€ => 29,84€ am Tag bzw. 895,15€ im Monat.

Die alles entscheidende Frage für mich ist nun: ist es rechtens, dass trotz der nachweisbar regelmäßig verlangten und geleisteten 40 Stunden nur 35 Stunden in der Berechnung Anwendung finden?

Der Unterschied ist erheblich: bei 40 Stunden wären es 69,20€ Regelentgelt (80% = 55,63€ -> davon 68% = 37,64€ am Tag bzw. 1129,20€ im Monat!

Entsprechend wäre ich auch bereit mir einen Anwalt zu suchen, sollte eine Klage eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben. Für eure (natürlich unverbindliche) Einschätzung, wäre ich überaus dankbar!

Diese niedrigen Stundenzahl im Vertrag und die dazugehörigen Arbeitszeitkonten existieren ja nur zum Vorteil der Betriebe um flexibler auf Arbeitsaufkommen reagieren zu können. Es kann doch nicht sein, dass der Staat die Zeitarbeiter dafür noch finanziell "bestraft"...
 
In einem anderen Forum habe ich mittlerweile den Hinweis erhalten, dass ich ja (bis es mit 150 Stunden die Obergrenze erreicht hatte) den Lohn immer nur für 35 Stunden in der Woche bezahlt bekommen habe und die Stunden auf dem Arbeitszeitkonto nach Saison-Ende mit Freistellung abgefeiert wurden. Die letzten beiden gearbeiteten Monate war das Konto schon voll so dass mir die tatsächlich gearbeiten 40 Stunden ausbezahlt wurden.

In der Ablehnung des Widerspruchs stand, dass man, da das letzte Bruttogehalt von den Monaten davor abweicht, den Durchschnitt aus den letzten drei Monaten errechnet hat (und bei 160,89 Stunden gelandet ist). Insofern hat das an dieser Stelle Eingang in die Rechnung gefunden bleibt aber auch bei den 35 Stunden nach Vertrag.

Ich fürchte, dass die Sache wohl gelaufen für mich gelaufen ist... Falls jemandem doch nach was dazu einfällt wäre ich auf jeden Fall weiterhin sehr dankbar.

Bleibt noch festzustellen, dass diese Arbeitszeitkonto-Regelung für Menschen in meiner Situation überaus nachteilig sein kann. Hätte ich die Stunden ganz regulär jeden Monat ausgezahlt bekommen, hätte ich dankend auf die stattdessen erhaltene Freistellungszeit nach Saison-Ende verzichtet und was anderes gearbeitet oder mit dem zusätzlichen Geld leben können.
 
In einem anderen Forum habe ich mittlerweile den Hinweis erhalten, dass ich ja (bis es mit 150 Stunden die Obergrenze erreicht hatte) den Lohn immer nur für 35 Stunden in der Woche bezahlt bekommen habe und die Stunden auf dem Arbeitszeitkonto nach Saison-Ende mit Freistellung abgefeiert wurden.
... was aber nur mit deiner Zustimmung möglich war.
 
... was aber nur mit deiner Zustimmung möglich war.

Ich habe den Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma unterschrieben, ja. Wie du dir denken kannst, ist das in der Realität eine Fress- oder Stirb-Situation und ein Ablehnen dieser Standardklauseln führt eher zur Arbeitslosigkeit als zu einer Vertragsänderung. Die Wahl zwischen Ausbezahlung und Arbeitszeitkonto gibt es bei meiner Zeitarbeitsfirma jedenfalls nicht.

Die spezielle Auswirkung auf mein Übergangsgeld konnte mir damals ja gar nicht bewusst sein, sonst hätte ich es möglicherweise sogar versucht. Aber zu dem Zeitpunkt bin ich noch davon ausgegangen, dass einzig das letzte Netto ausschlaggebend ist, so wie es mir meine Reha-Beraterin sagte und an vielen Stellen so oder so ähnlich im Netz behauptet wird.
 
Ich habe den Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma unterschrieben, ja.
Einsatzfreie Zeiten dürfen nicht üner das Zeitkonto abgerechnet werden, auch dann nicht wenn das dreimal im Arbeitsvertrag steht.
Der Zugriff der ZAF auf dein Zeitkonto muss im Einzelfall von dir abgesegnet werden, um rechtmaßig zu sein.
---> § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG
---> Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 483/12, Rz 24
Bundesarbeitsgericht


Die Wahl zwischen Ausbezahlung und Arbeitszeitkonto gibt es bei meiner Zeitarbeitsfirma jedenfalls nicht.
Ab 105 Stunden kannst du die Auszahlung verlangen, diese Regelung gibt es sowohl im BAP als auch im IGZ-Tarif, und zwar bereits seit 2013.
 
Einsatzfreie Zeiten dürfen nicht üner das Zeitkonto abgerechnet werden, auch dann nicht wenn das dreimal im Arbeitsvertrag steht.
Der Zugriff der ZAF auf dein Zeitkonto muss im Einzelfall von dir abgesegnet werden, um rechtmaßig zu sein.
---> § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG
---> Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 483/12, Rz 24
Bundesarbeitsgericht

Danke für die Infos.

Ab 105 Stunden kannst du die Auszahlung verlangen, diese Regelung gibt es sowohl im BAP als auch im IGZ-Tarif, und zwar bereits seit 2013.

Damit hätte ich dann statt zwei Monaten vor Saison-Ende, schon vier Monate vorher die Stunden ausbezahlt bekommen aber die 35 Stunden wöchentliche Arbeitszeit aus dem Vertrag würden weiterhin zur Berechnung des Übergangsgeldes herangezogen. Das ist ja für mich das Hauptproblem an der Sache.
 
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