Richtig,-
wir dürfen uns nicht im Streit um die optimalste Lösung verbrauchen,- aufreiben. Denn die optimalste Lösung wäre das Paradies auf Erden, doch das wird nie zu machen sein,- zumal die Welt nicht nur aus der Frage besteht, wie hoch das Transfereinkommen für Arbeitslose zu sein hat, oder wie hoch der Mindestlohn.
Nein, solche Streiterei freut nur die, die auf Kosten der Armen und des Mittelstandes reich wurden und noch reicher werden.
Was wir brauchen, ist ein erster, konsensualer, auch von denen, die selbst nicht darauf angewiesen sind, mitgetragener Einstieg. Das ist so beim gesetzlichen Mindestlohn, und auch beim Regelsatz. Ohne Einstieg kein Anrollen in Richtung auf eine kontinuierliche Steigerung.
Schauen wir in die USA, und nein, ich spreche nun nicht den Mindestlohn an, sondern das Briefporto. Das war ewige Zeiten festgezurrt auf 29 cent. Nun macht die US-Post trotz aller Kritik einen tollen Job, und es ist wirklich eine Leistung, einen Brief von jedem Ort der USA und einer Vielzahl von Briefkästen dort, zu jedem Ort der USA zu transportieren. Alles war gestiegen, auch Löhne und Gehälter, nur das Briefporto nicht. Aber die 29 cent waren wie festgemauert. Irgendwann wurde es geschafft, die politische Grenze von 29 cent wurde aufgegeben. Aber das wurde geschafft, weil alle Beteiligten sich darauf einigten, einen Einstieg zu machen,- und das Porto um ich glaube, das waren damals ein, zwei Cent zu erhöhen. Das brachte anfangs der US-Post nicht so viel, doch es war geschafft, die Mauer durchbrochen. Und mittlerweile vergehen keine ein, zwei Jahre, ohne daß das Porto wieder um einen oder zwei Cent steigt.
Der Erfolg: Die US-Post kann weiterhin existieren, und der Service, einen Brief von jedem Punkt der USA zu jedem Punkt der USA befördert zu bekommen, kann aufrechterhalten werden.
Und so ist das auch mit einer Regelsatz-Erhöhung. Der Einstieg muß auch von denen mitgetragen werden, die viel näher am aktuellen bundesdeutschen Durchschnittseinkommen eines Angestellten in Deutschland (laut heutigen Nachrichten ist das gesamtdeutsch bei brutto über 3100 EUR), oder darüber liegen, denn die fühlen (nicht zu unrecht), daß sie es sind, die die Transfereinkommen für uns bezahlen.
Ja, dieser Einstieg muß mehr sein die marginalen ein, zwei Prozent im Jahr, mit denen derzeit auch die Rentner aufgrund der mehrfach vergewaltigten Rentenformel abgespeist werden. Dieser Einstieg muß aber sowohl das Lohnabstandsgebot wahren, als auch da nach oben begrenzt sein, wo die Transferzahlungsempfänger beginnen, einen den absoluten Notgroschen übersteigenden Teil des Geldes auf die Bank zu schleppen. Denn Transferzahlungen sind nur dann solche, wenn sie Menschen am (möglichst menschenwürdigen) Leben halten, indem diese Menschen das so erhaltene Geld -über den Monat verteilt- gleich wieder ausgeben, in den Wirtschaftskreislauf entlassen.
Denn das, und das wurde die letzten Jahrzehnte vernachlässigt, stärkt den Binnenmarkt. Stärkt den Einzelhandel, die Handwerker, die Betriebe, die in Deutschland die meisten Menschen beschäftigen. Wirtschaftliche Argumente zählen stets besser als moralische (Bert Brecht: "Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral!").
Natürlich muß, schon um den Druck des Lohnabstandsgebots zu verringern, parallel zum Einstieg in die Regelsatzerhöung auch am Einstieg in den gesetzlichen Mindestlohn herumgemeißelt werden.
Der erster Einstieg in die Regelsatz-Erhöhung könnte konsensual vermittelbar die Anhebung des Regelsatzes für Jugendliche sein,- die Forderung für die allgemeine Regelsatzerhöhung auf erstmal 435 EUR könnte da gleich konsensual mit vorgewärmt werden. Der parallel nötige Einstieg in den gesetzlichen Mindestlohn könnten wenigstens mal gesamtdeutsch die 7,50 EUR/Stunde sein. Wobei es hier nichts schadet, wenn Die Linke da mit 8 EUR argumentiert. Wenn wenigstens ein breiter Konsens im Volk darüber entstünde, daß keiner und keine mehr weniger als 7,50 EUR pro Stunde brutto bekommen darf, -und da sind wir nahe dran, käme die Kontinuität endlich ins Laufen.
Politik ist die Kunst des Machbaren. Und machbar ist nur das, was von der breiten Mehrheit mitgetragen wird.
Das aber geht nur Stückchenweise, nicht per Revolution.
Heinz
Heinz D. Trost
Mitglied Die Linke
Mitglied ver.di
Mitglied BVSM e.V.