SG Speyer S 16 ER 100/05 AS Erstausstattung Babyausstattung

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Beschluss des SG Speyer vom 13.06.2005, S 16 ER 100/05 AS.
Bei Geburt eines Kindes sind einmalige Hilfen für einen Kinderwagen, für ein Kinderbett nebst dazugehöriger Wäsche, Decken und einen Schlafsack, für eine Badewanne, für eine Wickelauflage sowie einen Hochstuhl zu gewähren.
Diese Entscheidung ist unter der Hilfe durch uns zustande gekommen.

Aktenzeichen:
S 16 ER 100/05 AS

SOZIALGERTCHT SPEYER
- Ausfertigung -
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit Frau (Name)
-Antragstellerin -
gegen
Gesellschaft für Arbeitsmarktintegration. Vorderpfalz-Ludwigshafen mbH, vertreten durch die Geschäftsführerin, Kaiser-Wilhelm-Straße 5,h 67059 Ludwigshafen
- Antragsgegnerin -
hat die 16. Kammer des Sozialgerichts Speyer am 13. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Pielacher beschlossen:
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig einmalige Hilfen für einen Kinderwagen, für ein Kinderbett nebst dazugehöriger Wäsche, Decken und einen Schlafsack, für eine Badewanne, für eine Wickelauflage sowie einen Hochstuhl zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin 5/6 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe I,
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung einmalige Hilfen für eine Erstausstattung für das Mitte Juni erwartete Baby in Form eines Kinderbettes, eines Kinderwagen sowie Pflegeausstattung.
Die Antragstellerin beantragte im Hinblick auf die anstehende Geburt ihres Kindes am 01.03.2005 einmalige Hilfen für die Babyerstausstattung. Im Schreiben vom 15.03.2005 listete sie verschiedene Gegenstände auf, die sie für die Baby- sowie die Schwangerenerstausstattung für erforderlich hält Unter anderem beantragte sie ein Kinderbett nebst zugehöriger Matratze, Bettwäsche und Schlafsack, einen Kinderwagen, Bekleidung sowie Gegenstände für die Pflege des Babys.
Mit Bescheid vom 29 03.2005 bewilligte die Antragsgegnerin lediglich Pausen betrage in Höhe von insgesamt 330,-- EURO, wobei sie sich zur Begründung ihrer Entscheidung auf die Richtigen zu § 23 SGB Il bezog. Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 07 04.2005 Widerspruch , den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 zurückwies.
Zur Begründung führte sie aus, dass gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II die Erstausstattungen für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt zusätzlich zu den Regelleistungen erbracht werden. Als Bekleidungspauschale seien daher für das neugeborene Kind 180,-- EURO und für Schwangerschaftsbekleidung der Antragstellerin 150,- EURO, mithin ein Betrag von 330,-- EURO bewilligt worden. Der darüber hinaus gehende Bedarf, zum Beispiel für die Beschaffung eines Kinderbettes oder eines Kinderwagens, seien durch den Regelsatz abgegolten.
Die Antragstellerin hat am 03.06.2005 beim Sozialgericht Speyer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und gleichzeitig Klage in der Hauptsache erhoben. Die bislang von der Antragsgegnerin nicht bewilligten Leistungen seien nicht van den Regelleistungen erfasst Es handle sich um eine Erstausstattung der Wohnung, insofern sei auch die Geburt ein außergewöhnlicher Umstand und ein neuer Bedarf anzuerkennen, weshalb die diesbezügliche Erstausstattung, also Kinderbett, -wagen mit Zubehör, Badewanne, Wickelkommode und Pflegebedarf zu bewilligen sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einmalige Hilfen für ein Kinderbett, einen Kinderwagen sowie Pflegeausstattung zu gewähren (vgl. Bl. 41 der Verwaltungsakte).
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und den Inhalt der Gerichtsakte.
II
Der Antrag, mit dem die Antragstellern im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr einmalige Hilfen für eine Babyerstausstattung zu gewähren, ist zulässig und hat auch in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Hierbei geht das Gericht bei verständiger Würdigung des Antragsbegehrens davon aus, dass sich der Antrag neben den ausdrücklich genannten Hilfen für ein Kinderbett, einen Kinderwagen und Pflegeausstattung auch auf die übrigen, nicht durch die bewilligten Pauschalen abgedeckten Gegenstände gemäß der Auflistung Blatt 41 der Verwaltungsakte bezieht.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei ist grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig.
Im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist dies nur dann möglich, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. Meyer-Ladewig SGG, 7, Auflage, § 86 b Randnummer 31).
Die begehrte einstweilige Anordnung kann daher nur erlassen werden, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist {Anordnungsanspruch) und wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere und anders nicht abwendbare Nachteile drohen (Anordnungsgrund). Nach § 56 b Abs. 2 Salz 4 SGG I. V. m § 920 Abs. 2 ZPO sind die Anspruchs voraus Setzungen im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen.
Der Antrag hat in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. hinsichtlich der begehrten Beihilfe für einen Kinderwagen, ein Kinderbett, den dazugehörigen Decken und Wäsche und einen Schlafsack, der Badewanne, der Wickelauflage sowie einen Hochstuhl hat die Klägerin einen Anordnungsanspruch und auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Im Übrigen bleibt der Antrag auch hinsichtlich der weiter begehrten Pflegeausstattung ohne Erfolg,
Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass ausweislich der Verwaltungsakten der Beklagten der vorgesehene Geburtstermin der 14.6.2005 ist.
Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II. Danach sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung erfasst und werden daher gesondert erbracht.
Sinn und Zweck der Regelung des § 23 Abs. 3 SGB II ist es, besondere Bedarfe, von denen nicht erwartet werden kann, dass sie aus der Regelleistung gedeckt werden, gesondert zu befriedigen. Als einen solchen besonderen Bedarf sieht § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II auch die Erstausstattung für die Wohnung an. Hierunter versteht der Gesetzgeber insbesondere Fälle, in denen nach einem Wohnungsbrand oder bei der Erstanmietung nach einer Haft ein besonderer Bedarf auf Wohnungsausstattung besteht (vgl. BT-Drs. 15/1514, 60). Ebenfalls fällt hierunter die Erstanmietung einer Wohnung im Falle einer Trennung oder Scheidung oder aufgrund eines Auszuges eines Kindes aus dem Haushalt der Eltern, der Fall eines neu gegründeten Haushalts wegen Heirat, nach Zuzug aus dem Ausland oder wenn ein Wohnungsloser eine Wohnung gefunden hat (vgl. Münder, SGB II, Kommentar, § 23 Randnummer 22).
Eine vergleichbare Situation liegt nach Auffassung des Gerichts auch dann vor, wenn in eine bestehende Wohnungsausstattung ein neugeborenes Kind zu integrieren ist. Zwar besteht in diesem Fall schon grundsätzlich eine Wohnungsausstattung, jedoch ist diese nur auf die bisher in der Wohnung lebenden Personen zugeschnitten. Ebenso wie in den oben angeführten Fällen mangelt es hier an der Ausstattung für das hinzukommende neugeborene Kind, welches Im Übrigen eine ganz spezifische Wohnungsausstattung benötigt.
Deshalb handelt es sich bei einer Erstausstattung der Wohnung nicht nur um den Bedarf, der bei der Erstanmietung einer Wohnung anfällt; vielmehr gehört dazu auch die Erstausstattung bei einem „neuen Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände", wozu auch die Geburt eines Kindes führt. Einer solchen Auslegung, wonach unter die Erstausstattung auch die in der Wohnung benötigte Erstausstattung eines Kindes, wie zum Beispiel Kinderbett, Kinderzimmer usw. gefasst wird, steht auch der Wortlaut der Vorschrift nicht entgegen. Die Formulierung „Erstausstattung für die Wohnung" erfasst auch den hier vorliegenden Fall, in dem ein neuer ganz spezifischer Ausstattungsbedarf entsteht, wobei es sich begrifflich um eine „Erstausstattung' handelt.
Auch aus dem Umstand, dass einem Änderungsvorschlag des Bundesrates im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, zur Klarstellung auch die sog. Babyerstausstattung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II aufzunehmen, nicht gefolgt worden ist, kann nur abgeleitet werden, dass § 23 Abs. 3 SGB II nur für eng umgrenzte Bedarfe gelten soll.
Die Antragstellerin hat daher einen Anspruch auf einmalige Hilfen für einen Kinderwagen, für ein Kinderbett nebst dazu gehörigen Decken, Wäsche und einen Schlafsack, für eine Badewanne, für eine Wickelauflage sowie einen Hochstuhl,
Hinsichtlich der beantragten Hilfen für einen Wickeltisch und einen Schrank ergibt sich der Bedarf - im Gegensatz zu den oben genannten Gegenständen - nicht ohne weiteres aus dem Anlass der Geburt. Insoweit konnten einmalige Hilfen nicht zugesprochen werden, da die Antragstellerin nicht dargelegt hat, weshalb bereits vorhandene Einrichtungsgegenstände nicht für diesen Zweck genutzt werden können oder nicht ausreichend sind.
In Bezug auf die werter geltend gemachte Pflegeausstattung, die die Antragstellern mit ca. 50 EURO beziffert, mangelt es ebenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Im Gegensatz zu den vorgenannten Leistungen werden die unter diesen Begriff fallenden Einzelleislungen von keiner der in § 23 Abs. 3 SGB II genannten Alternativen erfasst. Die gemäß der Auflistung der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 15.03.2005 unter den Begriff der Pflegeausstattung fallenden Bedarfsgegenstände sind mithin von der Regelsatzleistung, die gemäß § 20 Abs. 1 SGB 1f auch Körperpflege, Hausrat sowie Bedarfe des täglichen Lebens umfasst, abgegolten.
Der übrige Bedarf ist von der durch die Antragsgegnerin gewährten Pauschale umfasst.
Nach alledem hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Im Übrigen ist er unbegründet und daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie entspricht dem Maß des Obsiegens und Unterliegens unter Berücksichtigung der Wertangaben in Bezug auf die einzelnen Anspruchspositionen

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen den Beschluss findet die Beschwerde an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in Mainz statt Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach 7ustellung des Beschlusses beim Sü7ialöencht Speyer, Schubertstraße 2, 67346 Speyer, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundenbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb Oer Monatsfrist bei dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Ernst-Ludwig-Straße 1, 55116 Mainz, schriftlich oder zurr Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Sp RMB – Beschwerde nach § 172 SGG

gez.
(Dr Pletscher)
Richterin


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