Aktualisiert Schufa darf Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verwerten als sie im “Insolvenzbekanntmachungsportal” veröffentlicht sein dürfen. (OLG Schleswig, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21),

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axellino

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Ein eigentlich bahnbrechendes Urteil des Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgerichts, dass die Schufa Holding AG dazu verpflichtet hat,
die Löschung des Merkmals der Restschuldbefreiung mit Ablauf von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Daten vorzunehmen und nicht wie bisher, erst mit Ablauf von drei Jahren.

Dem Gericht ist dann wohl auch offenkundig bewusst, dass es sich um eine richtungweisende Entscheidung handelt und hat insofern die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Schufa Holding AG hat daher die Möglichkeit das Urteil höchstrichterlich überprüfen zu lassen.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgerichts
(Pressemitteilung 7/2021)

Ein Insolvenzschuldner hat einen Löschungsanspruch gegen die Schufa Holding AG , wenn sie diese Daten aus dem Insolvenzbekanntmachungsportal ohne gesetzliche Grundlage länger speichert und verarbeitet als in der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekVO) vorgesehen. Das hat der 17. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am vergangenen Freitag entschieden.

Zum Sachverhalt: Über das Vermögen des Klägers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und schließlich wurde ihm am 11. September 2019 durch das Amtsgericht die Restschuldbefreiung erteilt. Diese Information wurde im amtlichen Internetportal veröffentlicht. Die Schufa kopierte die Daten von dort und pflegte sie in ihren Datenbestand ein, um Vertragspartnern diese Daten bei Auskunftsanfragen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte die Löschung der Daten von der Schufa, da die Verarbeitung zu erheblichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben sei ihm nicht möglich. Er könne aufgrund des Eintrags kein Darlehen aufnehmen, keinen Mietkauf tätigen und keine Wohnung anmieten. Derzeit könne er nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Die Schufa wies die Ansprüche des Klägers zurück und verwies darauf, dass sie die Daten entsprechend der Verhaltensregeln des Verbandes "Die Wirtschaftsauskunfteien e.V." erst drei Jahre nach Speicherung lösche. Die Daten seien bonitätsrelevante Informationen und daher für die Vertragspartner der Schufa von berechtigtem Interesse. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers vor dem 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger kann von der Schufa die Löschung der Daten sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Restschuldbefreiung verlangen. Nach Ablauf dieser Frist steht die weitere Verarbeitung durch die Schufa im Widerspruch zu § 3 Abs. 2 InsoBekVO und ist daher nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Datenschutz-Grundverordnung. Werden die Daten des Klägers unrechtmäßig verarbeitet, kann er die Löschung dieser Information nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) Datenschutz-Grundverordnung von der Schufa verlangen und hat einen Anspruch auf künftige Unterlassung dieser Datenverarbeitung.

Die Schufa kann sich nicht darauf berufen, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig sei, da sie ihren oder den berechtigten Interessen von Dritten diene. Ein Interesse kann nur dann berechtigt sein, wenn es nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung oder den Grundsätzen von Treu und Glauben steht. Die Verarbeitung durch die Schufa steht aber nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung von § 3 Abs. 2 InsoBekVO, wonach die Information zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung nur sechs Monate im Internetportal zu veröffentlichen ist. Die Verarbeitung und Weitergabe dieser Information an eine breite Öffentlichkeit durch die Beklagte kommt einer Veröffentlichung im Internet gleich und ist daher nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist zu unterlassen.

Die Schufa kann sich nicht auf die Verhaltensregeln des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien berufen. Diese Verhaltensregeln entfalten keine Rechtswirkung zulasten des Klägers und stehen im Widerspruch zur gesetzlichen Wertung.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 2. Juli 2021, Az. 17 U 15/21, Revision ist zugelassen)


Quelle


Urteil im Volltext,

 

axellino

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Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Beschluss vom 31.08.2021- 6 K 226/21.WI - entschieden,
dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH ) mehrere Fragen hinsichtlich der Eintragung einer Restschuldbefreiung bei der SCHUFA Holding AG zur Klärung vorzulegen. :cool:

Info
28.09.2021Pressestelle: VG Wiesbaden
 

axellino

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Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht mit Urteil vom 3. Juni 2022, Az. 17 U 5/22, bestätigt seine Rechtsprechung, nach welcher die Schufa die Daten eines Insolvenzschuldners nicht länger verarbeiten darf als sie im „Insolvenzbekanntmachungsportal“ veröffentlicht werden dürfen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 17. Dezember 2021 - Aktenzeichen 10 O 127/21 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem elektronischen Datenbestand gespeicherten Informationen zum Kläger,

„Insolvenzverfahren aufgehoben. Aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte stammt die Information, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt wurde. Das Verfahren wurde aufgehoben (beendet). Aktenzeichen […]. Das zuständige Amtsgericht führt den Vorgang unter diesem Aktenzeichen. Datum des Ereignisses: 25.03.2020. Datum der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das zuständige Amtsgericht.“,

zu löschen und den Score-Wert des Klägers künftig in der Weise zu berechnen, dass keine Informationen zu dem vorgenannten Insolvenzverfahren des Klägers berücksichtigt werden.

Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 150,00 vorläufig vollstreckbar.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Quelle
 
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