AW: Profiling vor kommender EGV?
Kann ich davon ausgehen dass damit ein Profiling gemeint ist über mehrere Tage, in welchem geschaut wird wie man im Team arbeitet, ob man klug oder dumm ist, welche Einschränkungen man mit sich bringt etc um dann im Anschluss eine natürlich passgenaue Maßnahme aufdoktriniert zu bekommen?
Nicht wirklich. Man könnte diesen Eindruck bekommen, wenn man von Profiling oder Potenzialanalyse liest, aber in der Realität erfolgt zumeist ein höchst oberflächliches Gespräch von max. 30 Minuten, wobei der Vermittler in einem durch die EDV eingegrenzen Rahmen festlegt, was deine Fähigkeiten/Kenntnisse sind und wo deine Handlungsbedarfe liegen.
Der Vermittler kann auf Basis deiner Schilderungen ein paar besondere Fähigkeiten wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Zuverlässigkeit ankreuzen (maximal 5) und dann noch diverse Skills auf einer Skala von 1-3 vergeben, die für unterschiedliche Berufe in der EDV hinterlegt sind. Mit einem psychologischen Profiling ist das
nicht mal im Ansatz zu vergleichen (solche gibt es im JC auch, aber die kosten richtig Geld und werden dann vom geschulten Psychologen erstellt).
Hin und wieder passiert es auch, dass das Profiling an einen Maßnahmeträger outgesourct wird. Aber das ist eher selten. Ob sich nun durch die Neuformulierung des § 15 SGB II groß was ändern wird,
glaube ich nicht (einen Vergleich von Vorher/Nachher des genannten Paragraphen siehst du
hier), zumal sich an den Rahmenbedingungen im JC ja nichts ändert. Das, was der Gesetztgeber wünscht, kann man im JC schlichtweg nicht leisten. Das hat diverse Gründe, u.a. zu nennen sind:
- zumeist keine psychologische/diagnostische Qualifikation des Profilers
- mangelde Zeit und mangelde Individualisierung durch EDV-Vorgaben
- mangelndes Vertrauen und dadurch mangende Kommunikation
- Tendenz des erwünschten Antwortens in Folge der Sanktionsmacht
- Vorgaben, nicht zu viele "Kunden" in Profillage XYZ zu haben
Wird dieses Profiling nun jedes halbe Jahr bei Abschluss einer neuen EGV notwenig oder wie darf man sich das vorstellen?
Wie gesagt: Ich denke nicht, dass sich der derzeitige Zustand groß ändert.
Das ist aber noch nicht spruchreif. Die neuen fachlichen Hinweise erstellt die BA gerade. Es weiß noch niemand, ob sich am Profiling-Verfahren was ändern wird. Momentan läuft es so: Kurz vor Ablauf der EGV wird dein Vermittler dich einladen und schauen, ob irgendwas an der EGV verändert werden muss.
Ein neues Profiling erfolgt in der Regel nicht.
Es können (und sollen) in deinem Profil in VerBIS aber ohnehin ständig Änderungen vorgenommen werden, wenn dem Vermittler irgendwas auffällt oder er meint, etwas als Stärke oder als Hemmnis erkannt zu haben. Doch im Grunde wissen die meisten Vermittler (jedenfalls jene, die selbstreflektiert arbeiten), dass diese "Profilings" oft lächerlich nichtssagend sind.
Diese Profilings sollen eine Datenqualität suggerieren, die zumeist einfach nicht da ist. Erdacht wurde das von teuer bezahlten Unternehmensberatern, was sich ja auch drin zeigt, dass die Potenzialanalyse von einer extrem
verwertbarkeitsideologischen Sichtweise geprägt ist.
Den Erwerbslosen wird durch so ein Profiling suggeriert, dass eine Integration umso wahrscheinlicher sei, je besser das Profiling ist. Das ist aber eine verkürzte Sicht, zumal die gewichtigen strukturellen Bedingungen am Arbeitsmarkt, die auch dazu beitragen, dass Menschen keine Arbeit finden, ausgeblendet werden. Um es zu verdeutlichen:
Als Marktprofil soll geprofiled werden, wer keine Hemmnisse hat (bzw. angibt, keine zu haben) und eigentlich sofort arbeiten könnte. Es gibt aber eben auch motivierte, gesunde Menschen, die arbeiten wollen, aber nichts finden. Diese dürfte es im Marktprofil nicht geben. Eben deshalb werden ihnen dann alsbald Probleme "angedichtet", um sie downzugraden und dann der Maßnahme-Verwertung zuführen zu können.
Was passiert wenn man sich weigert an diesem Profiling teilzunehmen? Erfolgt dann ein VA und entsprechende Sanktion?
Meist merkst du ja nicht einmal, dass du gerade geprofiled wirst. Der Vermittler sagt ja in den seltensten Fällen: Wir machen jetzt ein Profiling. Der tut das einfach nebenbei. Du kannst dich dem also nicht wirklich entziehen. Wenn du keine Angaben machst, wenn der Vermittler dich zu deinen Fähigkeiten, Qualifikationen und Hemmnissen befragt, bleibt das Profiling weitgehend leer (oder der Vermittler denkt sich einfach was aus).
Hintergrund ist dass ich mit meiner SB einen bestimmten Fahrplan vereinbart habe, derzeit freiwillig in einer Maßnahme bin, lerne und Bewerbungen schreibe und zuversichtlich bin dass ich nächstes Jahr einen Ausbldungsplatz habe und daher soweit in Ruhe gelassen werde. Die Maßnahme möchte ich eben verlängert haben bis ich in Ausbildung eintrete.
Wenn du einen vernünftigen Vermittler hast, mit dem du reden kannst (so hört sich das für mich an), würde ich ihm das
genau so auch sagen. Ich weiß, dass viele hier im Forum negative Erfahrungen mit ihren Vermittlern gemacht haben (u.a. deshalb suchen/geben sie ja hier Hilfe). Ich selbst habe aber durchaus auch viele gute Erfahrungen gemacht und hilfsbereite Vermittler kennengelernt.
Also ist dieses Profiling nun immer erforderlich und kann ich damit rechnen dass man mir damit kommt?
Siehe oben: Ob sich demnächst was an der Profiling.Praxis ändernt, weiß noch niemand. Momentan ist so ein Profiling eine 0815-Sache. Ich denke, du machst dir gerade zu große Sorgen. Rede mit deinem Vermittler und besprich deinen Fahrplan noch mal mit ihm. Wenn es Probleme gibt, melde dich wieder. Alles Gute!
