Das Aktenzeichen beim dem Landessozialgericht ist L 36 AS 1162 /12 NK
Normenkontrollantrag
Prozess verloren, dadurch gewonnen !(?) Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat gestern um 14 h den Antrag auf die Normenkontrolle betreffend
Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung – WAV)
vom 03. April 2012 (GVBl. S. 99) zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Da mir noch keine schriftlichen Urteilsgründe vorliegen (die dürften in den nächsten Tagen kommen) stütze ich meine vorläufige Bewertung auf die Pressemitteilung :
Keine Anwendung der Berliner Wohnaufwendungsverordnung auf Bezieher von Sozialhilfe (
SGB XII)
Das
LSG Berlin-Brandenburg hat einen Normenkontrollantrag als unzulässig verworfen, der sich gegen die Wohnaufwendungsverordnung (WAV) und die dort vorgesehenen Gesamtangemessenheitsgrenzen ("Leistungssätze für Unterkunft und Heizung") richtete.
Die "Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und
Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" vom 03.04.2012 (Wohnaufwendungsverordnung [WAV]) wird vom Senat von Berlin für Leistungsberechtigte nach dem
SGB II ("
Hartz IV -Empfänger") erlassen.
Der allein stehende Antragssteller gehört nicht zu diesem Personenkreis; da er dauerhaft erwerbsgemindert ist, ist er anspruchsberechtigt nach dem
SGB XII (Sozialhilfe). Für Leistungsberechtigte nach dem
SGB XII findet die WAV nur Anwendung, wenn die Voraussetzungen nach §
35a Satz 1
SGB XII erfüllt sind.
Dies erfordert, dass in der Verordnung "Sonderregelungen für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung getroffen werden und dabei zusätzlich auch die Bedarfe älterer Menschen berücksichtigt werden".
Die WAV enthält entsprechende Regelungen nicht, insbesondere erfüllen die Härteklauseln des § 6 Abs. 2 bis 4 WAV nicht das Erfordernis, besondere Bedarfslagen älterer Menschen gesondert abstrakt zu erfassen.
Da die WAV daher auf Bezieher von Sozialhilfe keine Anwendung findet, gehört der Antragssteller nicht zu dem Personenkreis, der befugt ist, ein die Verordnung betreffendes Normenkontrollverfahren zu initiieren.
Weil der Normenkontrollantrag als unzulässig angesehen wurde, hat das
LSG Berlin-Brandenburg auch keine inhaltliche Prüfung der in der WAV vorgesehenen Leistungssätze vorgenommen.
Quelle:
juris.de Das
LSG hatte im Laufe des Verfahrens schon durchblicken lassen, daß die Wohnungsaufwendungsverordnung in Hinblick auf die Empfänger von Sozialhilfe und Grundsicherungsleistungen nach dem
SGB XII nicht hinreichend ist.
So taucht das
SGB XII zwar in der Überschrift des Gesetzes auf, das war es aber auch schon….
Diese Entscheidung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Empfänger von diesen Sozialleistungen. Die WAV ist demnach wohl auf diese nicht anwendbar.
Der Tenor der Entscheidung verblüfft insofern, als das Gericht der (richtigen) Meinung, daß die WAV auf den Antragsteller nicht anzuwenden ist. Daher kann der Antragsteller die WAV nicht anfechten.
Die Entscheidung kann – nach Auffassung des Gerichtes- daher nur auf Zurückweisung des Antrages lauten.
Das klingt erstmals schlecht, ist aber im Ergebnis gut (der Antragsteller fällt ja nun nicht unter die WAV).
Das dahinterstehende Problem liegt darin, daß der Gesetzgeber in §
55a SGG einfach die Regelungen aus der
VwGO für die Normenkontrollklage für das Sozialrecht als anwendbar erklärt hat.
Die Normenkontrollklage nach §
47 VwGO ist jedoch eigentlich dafür geschaffen worden, repressives- also eingreifendes- Verwaltungshandeln zu beseitigen – z.B. Bebauungspläne oder Polizeiverordnungen- nicht jedoch Verordnungen zu überprüfen, die auf die leistenden Verwaltung abzielen.
Meines Erachtens nach hätte das Gericht auch aussprechen können, daß die WAV nicht auf Empfänger von Leistungen nach dem
SGB XII Anwendung finden darf.
Warum das Gericht dies nicht getan hat – im Rahmen von Normenkontrollklagen nach §
47 VwGO kann man auch abtrennbare Teile einer Verordnung für unwirksam erklären- werden die Urteilsgründe zeigen.
Dann wird auch geprüft, ob ggf. Revision eingelegt wird, um diese Rechtsfrage zu klären.
Der Verordnungsgeber ist daher gehalten, die WAV an die Bedürfnisse des
SGB XII anzupassen – was schwer fallen wird.
Stellungnahme Ra. Füsslein im Blog von Rechtsanwalt Kay Füßlein 22.08.2012
Rechtsanwalt Kay Füßlein
Scharnweberstraße 20
10247 Berlin
Liebe Grüße Werner Oetken 22.08.2012