Mindestlöhne
- Flassbeck: Mindestlohn oder warum wir uns nicht wirklich von den alten Argumenten freimachen können
Der Lohn spiegelt in einer funktionierenden Marktwirtschaft…gerade nicht die Produktivität des einzelnen wider, sondern die Produktivität, die die Gesellschaft als Ganzes jeweils erreicht. Wenn der Lohn eines Arbeitnehmers sehr eng seine Produktivität widerspiegelte, dann dürften Krankenschwestern, Lehrer und Polizisten niemals mehr Lohn bekommen, sondern immer nur die Arbeitnehmer der IG Metall in den Bereichen, wo die Produktivität kräftig steigt…
Quelle: flassbeck-economics - Mindestlöhne: Deutschland – ein grauer Fleck auf der Landkarte
Ein Luxemburger hat im Januar 2013 per Gesetz 1.874 Euro verdient, nach Kaufkraftparitäten gerechnet immer noch 1.523 Euro. Und auch im Mutterland des Kapitalismus, England, verdiente man per Gesetz nicht weniger als 1.264 (1.153) Euro. Und selbst der US-Bürger hat Anspruch auf 998 (1024) Euro im Monat. Davon träumen hierzulande viele, die nach Tarif bezahlt werden.
Und was fordern der DGB und erst vor wenigen Tagen im Bundesrat SPD, Grüne und Linke? Einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Das wären bei einer 40 Stunden Woche 1.360 Euro. Legt man die in Frankreich zugrunde gelegte 35 Stunden-Woche auch für Deutschland an, würde dies einem monatlichen Mindestlohn von 1.190 Euro entsprechen; in Frankreich verdient man schon jetzt 1.430 Euro, nach Kaufkraftparitäten 1.298 Euro (zur näheren Erläuterung vergleiche hier: Minimum wage statistics). Für Deutschland hat wiederum die Europäische Kommission erst im Dezember einen Niedriglohnschwellenwert von 10,20 festgelegt.
Armes Deutschland. Wann wirst auch Du den Mindestlohn entdecken, der die in Dir lebenden Menschen von Verzicht, Armut und Existenzangst befreit?
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft - Kehrtwende der Liberalen
Auch FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle schließt Einigung über Mindestlohn jetzt nicht mehr aus. Dabei hilft auch innerparteilicher Druck. Sollte es demnächst nicht zu einem Kompromiss zwischen CDU und FDP auf Bundesebene kommen, „wird die schleswig-holsteinische FDP einen entsprechenden Antrag auf Einführung von Lohnuntergrenzen auf dem FDP- Wahlprogrammparteitag im Mai stellen“. Garg nannte es „einen gesellschaftspolitischen Skandal, dass Unternehmen zum Teil bewusst Niedriglöhne zahlen, die nicht zur Existenzsicherung reichen, und sich darauf verlassen, dass der Staat diese Löhne dauerhaft mit Steuergeldern aufstockt“. Deshalb sei eine verbindliche Lohnuntergrenze vonnöten. „Ob sie regional- oder branchenspezifisch oder einheitlich flächendeckend ist, soll der Lohnfindungskommission überlassen bleiben.“ – Nicht ganz klar ist, was der Auslöser war, ob die FDP-Spitze von eigenen Landesverbänden zum Kurswechsel gedrängt worden ist, ob die Wirtschaft die entscheidende Rolle spielte – gerade aus dem Mittelstand mehren sich die Stimmen von Unternehmern, die Mindestlöhne als Schutz gegen Dumping- Konkurrenz zu schätzen lernen. Auch bei der Union herrscht Rätselraten über den plötzlichen Sinneswandel des Koalitionspartners. Für die Mutmaßung, dass irgendjemand Wichtiges aus CDU oder CSU irgendjemand Wichtiges aus der FDP beiseitegenommen und ihm die Konsequenzen eines Wahlkampfs um das Thema „soziale Kälte“ ausgemalt haben könnte, gibt es keinerlei Hinweise.
Quelle: Tagesspiegel