Über den Umgang der CDU mit der Macht diskutieren die Politikwissenschaftlerin Stefanie Waske und der Journalist Stephan Hebel. Sie analysieren in ihren Büchern “Nach Lektüre vernichten” und “Mutter Blamage” das Innenleben einer Partei, zu deren Selbstverständnis es gehört, den Kanzler zu stellen.
Korbinian Frenzel: Oder man macht es so wie Sie, indem man ein provozierendes Buch schreibt. Ich erzähle Ihnen mal eine Beobachtung, die ich gemacht habe in den letzten Tagen. Ich war viel im Zug unterwegs mit Ihrem Buch, habe es gelesen. Und da liegt es ja dann unweigerlich auf dem Tisch und andere gucken rauf. Ganz häufig kam die Reaktion: Was ist denn das eigentlich für ein Angriff gegen Angela Merkel? Die ist doch die Einzige in dem ganzen Laden, die die Dinge noch irgendwie zusammenhält. Kennen Sie diesen Vorwurf an Ihr Buch?
Stephan Hebel: Ja. Ich kenne es nicht nur als Vorwurf. Ich kenne es als Bemerkung auch von Leuten, die niemals Angela Merkel wählen würden, die zu mir sagen: Ja, aber es sieht doch ganz so aus, als würde sie den Laden zusammenhalten. Die vertritt uns doch noch anständig in Brüssel. Außerdem ist sie bescheiden und nicht geldgierig, höchstwahrscheinlich nicht korrupt – das glaube ich übrigens auch nicht, dass sie korrupt ist. – Und genau um dieser Wahrnehmung einen Zweifel entgegenzusetzen, nicht Zorn würde ich sagen, sondern einen Zweifel entgegenzusetzen, habe ich das Buch überhaupt geschrieben.
Ich glaube nämlich, dass Frau Merkel hinter dem Theaterstück “Ich bin für alle da” eine sehr klare politische Agenda verfolgt, die sozial ungerecht und im Kern neoliberal, marktliberal, wirtschaftshörig mehr oder weniger ist, nicht weil sie eine Verschwörerin wäre oder was auch immer – und ich bin auch deshalb nicht zornig, sondern mehr erstaunt –, sondern weil sie nach meiner Meinung im tiefen Glauben handelt, dass das, was der Wirtschaft dient, auch dem Lande dient.
Das Problem ist, dass sie das nicht sagt, sondern dass sie mit kleinen rhetorischen, manchmal auch sachlichen Zugeständnissen an andere Parteien oder andere Politikentwürfe den Eindruck erweckt, man bräuchte eigentlich überhaupt keine Opposition mehr gegen sie. Dagegen schreibe ich an.
Quelle: Deutschlandradio Kultur Hier noch einmal die zwei sehr empfehlenswerten Bücher:
- Stefanie Waske
„Nach Lektüre vernichten!“
Der geheime Nachrichtendienst von CDU und CSU im Kalten Krieg
ISBN 978-3-446-24144-2
Hanser Verlag - Stephan Hebel
Mutter Blamage.
Warum die Nation Angela Merkel und ihre Politik nicht braucht
ISBN 978-3-86489-021-5
Westend Verlag
Siehe die Rezension hier
- Stefanie Waske
- Die CDU von der Macht ablösen – oder nicht
Landtagswahlen 2014 In Thüringen und Sachsen sind sich die Grünen nicht einig, ob sie die CDU stabilisieren oder von der Macht ablösen wollen. Am Ende könnten sie außerparlamentarisch sein…
Die jüngste Umfrage zur Landtagswahl in Sachsen, durchgeführt vom Institut INSA, taxierte die CDU bei 43% und die vereinigte Opposition aus Linkspartei, SPD und Grünen bei 42%. Die AfD könnte sich mit derzeit 7% Hoffnungen machen, die FDP und die NPD zu beerben.
Der von Infratest-dimap im Auftrag des MDR im März veröffentlichte ThüringenTREND sah die CDU bei 38%, während Linke und SPD gemeinsam 45% und die Grünen 6% erhielten. Die AfD würde momentan 5% erreichen.
Während die sächsische CDU einen Regierungswechsel insbesondere aufgrund der notorisch schwachen SPD, die für ein alternatives Regierungsbündnis die notwendigen Stimmen bislang nicht erbrachte, weniger fürchten muss, sprechen die jüngsten Thüringer Umfrageergebnisse eine eindeutige Sprache: In Erfurt ist nach dem verpatzten Regierungswechsel von 2009 die Ablösung der CDU nach knapp 25 Jahren an der Regierung wahrscheinlich.
Quelle: derFreitag