Die Entscheidung der Beklagten genügt den Anforderungen an eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht. Die Beklagte kann ihre Ermessensentscheidung insbesondere nicht auf ihre eigenen internen Geschäftsanweisungen stützen, die in Anlehnung an eine inzwischen weggefallene Anordnung des Verwaltungsrates der BA eine Erstattung von Beträgen unter 10 DM ausschließen.
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Das LSG hat zu Recht entschieden, dass für die Ausübung des Ermessens hier die Direktiven des § 39 SGB I herangezogen werden können. Danach haben die Leistungsträger bei der Entscheidung über Sozialleistungen, deren Gewährung in ihrem Ermessen steht, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch. Bei der Erstattung von Reisekosten handelt es sich um eine Sozialleistung iS des § 11 Satz 1 SGB I. Danach sind Sozialleistungen die in diesem Buch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Die Erstattung von Reisekosten ist eine im Sozialgesetzbuch, nämlich im SGB III und über die Verweisungsnormen der §§ 16 Abs 1 Satz 1 und 59 SGB II auch im SGB II vorgesehene Geldleistung und erfüllt damit die Voraussetzungen für eine Sozialleistung (vgl zum Begriff BSGE 56, 1, 2 f = SozR 1200 § 44 Nr 9). Das gilt auch, soweit man für die Qualifikation als Sozialleistung iS des § 11 SGB I nicht allein darauf abstellt, dass eine Leistung im Sozialgesetzbuch vorgesehen ist, sondern darüber hinaus stets eine Zweckbestimmung zur Verwirklichung der sozialen Rechte fordert (vgl BSGE 55, 40, 44 = SozR 2100 § 27 Nr 2). Die Übernahme von Kosten für Fahrten zu Beratungs- und Vermittlungsgesprächen bei dem zuständigen Leistungsträger nach dem SGB II dient der Verwirklichung der sozialen Rechte auf Beratung und Förderung nach § 3 Abs 2 SGB I. Die Übernahme der Fahrkosten zu Meldeterminen nach § 59 SGB II iVm § 309 SGB III dient den in § 309 Abs 2 SGB III festgelegten Zwecken und damit ebenfalls dem Recht auf Beratung und Förderung sowie der wirtschaftlichen Sicherung bei Arbeitslosigkeit, § 3 Abs 2 Nr 4 SGB I.
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aa) Nach § 39 SGB I ist im Rahmen der Ermessensausübung zunächst nach Sinn und Zweck der Normen zu fragen, die zur Ermessensausübung ermächtigen. Diese Vorschriften zielen hier vor allem darauf hin, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Die Leistungen nach § 16 SGB II dienen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in Arbeit und damit dem vorrangigen Ziel des SGB II. § 59 SGB II begründet durch den Verweis auf §§ 309, 310 SGB III eine besondere Pflicht des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur persönlichen Meldung beim zuständigen Leistungsträger. Dieser Pflicht misst der Gesetzgeber eine so große Bedeutung bei, dass er an ihre Nichterfüllung erhebliche Sanktionsfolgen knüpft. Nach § 31 Abs 2 SGB II (in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes) wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommt. § 31 Abs 3 Satz 1 SGB II sieht bei wiederholter Pflichtverletzung eine zusätzliche Minderung der Regelleistung vor. Während der Absenkung der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches, § 31 Abs 6 Satz 4 SGB II. Haben die Beratungs-, Betreuungs- und Vermittlungsleistungen des § 16 SGB II bereits nach der allgemeinen Zielsetzung des SGB II einen hohen Stellenwert, sprechen erst recht die gravierenden Sanktionsfolgen im Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht nach § 59 SGB II iVm § 309 SGB III für eine Kostenübernahme, um die Wahrnehmung von Melde- und Beratungsterminen sicherzustellen.
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Der Leistungsträger hat weiter bei der Ausübung seines Ermessens die Höhe der Belastung einerseits und die Vermögensverhältnisse des Betroffenen andererseits zu berücksichtigen (Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 59 RdNr 19). Eine Ablehnung der Kostenübernahme wird danach gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II regelmäßig nicht in Betracht kommen.