Paolo_Pinkel
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https://scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=4754&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=e678750879Von Natascha Bingenheimer und Henry Schmidt
Saarbücken, den 19. April 2009. Dieses Wochenende hat an der Saar die alles entscheidende Aufstellung der Listenplätze für die Landtags- und Bundestagswahl stattgefunden. Es scheint alles wie gehabt und geplant: Oskar Lafontaine hat sich auf die ersten Listenplätze für beide Mandate aufstellen und wählen lassen. Die ATSV-Halle am Lustein in Saarbrücken (Lulu war der Neffe Napoleons) war jedoch halb leer. Und die Inhalte seiner Rede kamen über das Einfordern einer völlig unsinnigen Bergbau-Renaissance, die Erinnerung an angeblich besonderes Glück bringende Großprojekte wie den Saarausbau nicht hinaus. Trotzdem toste Lafontaine ein frenetischer Beifall entgegen - standing ovations. Erstes politisches Baueropfer der Veranstaltung war dann erwartungsgemäß der Bundestagsabgeordnete und frühere PDS-Vorsitzende Hans-Kurt Hill, der von Lafontaine ausgebremst und aufs kommunale Abstellgleis geschoben worden ist.
Die Vorgänge waren und sind aus der Innenperspektive irrational. Auf der einen Seite der alternde charismatische Berufspolitiker, der Raum füllend und dominant agiert, der dem innerparteilichen Nachwuchs, kritischen Kräften und auch politisch engagierten Frauen wenig oder keinen Raum zum handeln gestattet. Auf der anderen Seite das Parteivolk, das an der Basis in den Ortsverbänden, darauf hofft, ein Brosame der Macht möge auch für sie abfallen. Da können Menschen mit einem kleinen Stadtratsmandat glücklich gemacht werden, obwohl sie für den Posten gar nicht geeignet sind. Die Aura des großen Vorsitzenden strahlt bis in den kleinsten (unkritischen) Winkel hinein.
Warum benötigt Lafontaine ein Doppelmandat? Zwei bombensichere Plätze im Landtag und im Bundestag. Besonders pikant ist in diesem Zusammenhang, dass mit seiner Kandidatur zur Bundestagswahl auf dem ersten Platz der zweite und der dritte Platz eigentlich von einer Frau hätte besetzt sein müssen. So steht nun Thomas Lutze, der altgediente Parteirecke, der auch irgendwie versorgt werden musste, - auf Platz zwei. Aber Lafontaine betont selbst immer wieder, dass er Probleme mit der Quotierung hat, so auch am Samstag. Er sei "skeptisch" gegenüber diesem Modell (Christa übrigens ebenfalls), und dies ist einer seiner moderaten Formulierungen.
Von außen betrachtet und mit Blick auf andere (historische) politisch Ereignisse werden die Vorgänge an der Saar erklärbar. Riskieren wir also einen Blick über den Tellerrand. Helmut Kohl hatte schon ein Problem damit, jemand neben sich zu dulden. Noch gewagter: Schauen wir in die kommunistische Enklave Kuba hinüber, die Geschichte von Fidel Castro und seinem Bruder Rauol. Es ist dasselbe Muster.
Rückblick auf die Vita Lafontaines: An der Saar war es unter seiner Ägide in der SPD nicht anders. Lafontaine schoss seine innerparteilichen Konkurrenten ab, übrig blieb der von ihm selbst gekürte wachsweiche Heiko Maas, mit dem die Sozialdemokraten heute im Abseits stehen.
Was soll an der Saar politisch passieren nach Oskar Lafontaine? Welche Potentiale, junge Talente hat er herangezüchtet und gefördert? Lafontaine und Linsler, ein greises Macho-Führungsgespann, ohne wirklich neue und linke Ideen werden der Partei sicher kurzfristig einen sehr guten Wahlerfolg an der Saar bescheren. Zukunftsperspektiven oder Visionen für die Linken jedoch nicht. Insofern ist das saarländische Modell kein Vorbild für andere Bundesländer, sondern ein Auslaufmodell.
Autoren : Natascha Bingenheimer und Henry Schmidt
Gruss
Paolo