bb) Eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Antragstellers zur Vorlage sämtlicher Kontoauszüge der der Antragstellung vorausgehenden 6 Monate besteht gegenüber der Antragsgegnerin jedoch nicht, da eine entsprechende Rechtsgrundlage für eine derartige Mitwirkungspflicht nicht vorhanden ist: Das SGB II selbst sieht als das spezielle Leistungsgesetz in den §§ 56 ff SGB II ausdrücklich Mitwirkungspflichten für den Antragsteller bzw. für Dritte vor, die den allgemeinen Regelungen der §§ 60 ff SGB I vorgehen. Eine Mitwirkungspflicht zur lückenlosen Vorlage von Kontoauszügen für einen Zeitraum von 6 Monaten (oder auch kürzer) ist vom Gesetzgeber in den §§ 56 ff SGB II aber gerade nicht vorgesehen worden, obwohl dem Gesetzgeber sicherlich der Gedanke des Schutzes der Allgemeinheit vor Leistungsmissbrauch nicht allzu fern gelegen haben dürfte. Dies ergibt sich insbesondere aus § 52 SGB II, der den Leistungsträgern zahlreiche automatisierte Datenabgleiche ermöglicht, wodurch auch Anhaltspunkte für einen möglichen Leistungsmissbrauch gefunden werden könnten. Dieser gesetzlich erlaubte automatisierte Datenabgleich im Sinne des § 52 SGB II wird nach Angaben der Vertreterin der Antragsgegnerin bislang jedoch noch nicht durchgeführt. Dies vermag aber eine entsprechende Erweiterung der Mitwirkungspflichten des Antragstellers nicht zu begründen.cc) Als Rechtsgrundlage für eine entsprechende Mitwirkungspflicht des Antragstellers kämen somit nur noch die allgemeinen Regelungen über Mitwirkungspflichten im Sozialrechtsverhältnis nach den §§ 60 ff. SGB I in Betracht, insbesondere hier § 60 Abs.1 SGB I. Danach hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs.1 Nr. 1 SGB I), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (§ 60 Abs.1 Nr. 2 SGB I) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs.1 Nr. 3 SGB I). Wie bereits aus dem Wortlaut des § 60 SGB I abgeleitet werden kann, bestehen diese Mitwirkungspflichten jedoch nicht uneingeschränkt, sondern nur in Bezug auf die für die Leistungserbringung erheblichen Tatsachen und im Rahmen der Erforderlichkeit. Dies bedeutet aber zunächst, dass die §§ 60 ff SGB I keine Rechtsgrundlage für beliebige von der Verwaltungsbehörde gewünschte Mitwirkungshandlungen bieten und somit die Behörde die Pflichten des Antragstellers bzw. Leistungsempfängers nicht nach Belieben erweitern kann. Des weiteren sind – soweit eine Mitwirkungspflicht überhaupt besteht – die Grenzen nach § 65 SGB I zu beachten, wobei insbesondere § 65 Abs. 3 SGB I ausdrücklich vorsieht, dass ein Antragsteller solche Angaben verweigern kann, die ihn in die Gefahr einer Strafverfolgung (etwa auch wegen Leistungsmissbrauch) bringen könnten. Er wäre hierüber auch entsprechend zu belehren. Die in den §§ 60 ff
SGB I geregelten Mitwirkungspflichten dienen in erster Linie dazu, dem für den Leistungsträger geltenden Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20
SGB X Rechnung zu tragen, da die Sachverhaltsaufklärung als notwendige Voraussetzung für die sozialrechtliche Leistungsgewährung oftmals nur im Zusammenwirken mit dem Antragsteller erreicht werden kann. Der damit fast notwendigerweise drohende Konflikt mit dem Recht des einzelnen Antragstellers auf Wahrung des Sozialgeheimnisses nach § 35
SGB I wird dabei durch § 37 S. 3
SGB I im Zweifel zugunsten des Sozialdatenschutzes gelöst. Gemäß § 35
SGB I hat der Antragsteller das Recht, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Abs.1
SGB X) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Gemäß § 67 a Abs.1
SGB X ist das Erheben von Sozialdaten durch die in § 35
SGB I genannten Stellen nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Sozialdaten sind dabei grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben (§ 67 a Abs.2
SGB X). Wie oben bereits ausgeführt, hat der Antragsteller in dem von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendeten Formular alle erforderlichen Angaben zur Frage seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht. In dem Antrag wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jede wesentliche Änderung der Beklagten unverzüglich mitzuteilen ist. Hat der Antragsteller also während des Leistungsbezuges Einkommen in einer für seinen Leistungsanspruch relevanten Höhe, so hat er diese für den Leistungsbezug wesentliche Tatsache der Antragsgegnerin unverzüglich mitzuteilen, um eine entsprechende Änderung der Leistungshöhe veranlassen zu können. Bei Verletzung dieser Mitteilungspflicht im Sinne des § 60 Abs.1 Nr. 1
SGB I können auch bestandskräftige Leistungsbescheide nach den §§ 45 bzw. 48
SGB X korrigiert und überzahlte Leistungen vom Antragsteller zurückgefordert werden. Bei vorsätzlichen falschen Angaben oder vorsätzlicher Verletzung der Mitteilungspflicht bei wesentlichen Änderungen sind auch strafrechtliche Konsequenzen für den Antragsteller in Kauf zu nehmen. Inwieweit aus den Kontoauszügen für die Vergangenheit konkrete Rückschlüsse auf die weitere Leistungsgewährung an den Antragsteller in der Zukunft gezogen werden könnten, ist nicht ersichtlich, es sei denn, die Antragsgegnerin ginge gegenwärtig von einem konkreten Verdacht des Leistungsmissbrauchs beim Antragsteller aus. Dies ist zum einen aber nicht vorgetragen, zum anderen wäre dann aber § 65 Abs.3
SGB I zu beachten und der Antragsteller entsprechend zu belehren. Dies ist aber ebenfalls nicht erfolgt. Im übrigen ist zu beachten, dass die Antragsgegnerin die Vorlage von Kontoauszügen für einen Zeitraum verlangt, in dem der Antragsteller nicht bzw. überwiegend nicht im Leistungsbezug gestanden, sondern eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat. Eine Rechenschaftspflicht über die Verwendung von Erwerbseinkommen während des Zeitraums außerhalb des Leistungsbezuges besteht jedoch für den Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin ebenfalls nicht.
dd) Mangels entsprechender Mitwirkungspflicht des Antragstellers vermag seine Weigerung, die Kontoauszüge für die der Antragstellung vorausgegangenen 6 Monate vorzulegen, eine Versagung der Leistung nach § 66 Abs. 1 SGB I nicht zu rechtfertigen