Moin,
nachdem mir in letzter Zeit hier so viele Beiträge und User aufgefallen sind, die an Traumafolgestörungen zu kämpfen haben, ist meine Idee, ein wenig zu sammeln- über die Besonderheiten, und warum es oft wirklich schwierig ist im Umgang mit Behörden und auch anderen Menschen, aber auch über Hilfsmöglichkeiten und auch die Mechanismen, die zugrunde liegen.
Ich selber habe eine komplexe Traumafolgestörung durch massivste, jahrzehntelang andauernde Gewalt, begonnen in früher Kindheit. Irgendwie habe ich es geschafft, für mich inzwischen einen Alltag zu haben, der doch weitestgehend gut ist und mich nicht ständig überfordert. Der Weg dahin war schwierig und immer wieder von sehr viel Unverständnis und Retraumatisierungen geprägt.
Das Problem ist, dass Traumafolgestörungen sehr unterschiedlich sind, sich auch sehr unterschiedlich bei den verschiedenen Menschen und Charakteren zeigen.
Ein wichtiger Punkt ist allen gemeinsam, es ist eigentlich unmöglich, Vertrauen aufzubauen, gerade wenn es sich um komplexe TFS handelt. Dieses niemandem Vertrauen ist meist ein Teil der Überlebensstrategie, um etwas eigentlich nicht lebens- mögliches doch irgendwie lebend verlassen zu können. Überlebensstrategien stehen aber meist dem wirklichen, bunten fröhlichen, normalen Leben und auch Interaktionen, die von Vertrauen geprägt sind, entgegen.
Das ist oft das zentrale Problem, so werden 1000 Quellen angezapft, weil man ja niemandem vertrauen kann, von jeder hört man etwas anderes, womit das Mißtrauen dann weiter angefüttert wird, denn es sagt ja jeder was anderes, also kann man ja niemandem vertrauen...
Es gibt eine komplexe, gute Seite im Netz von der Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie, dort gibt es auch viele Adressen von Phychotherapeuten. Sehr gut helfen kann oft auch eine Ergotherapie, die nicht so im Sprechen und Denken ansetzt, sondern mehr im Tun. Das ist bei Traumatisierten oft ein besserer Zugang, um überhaupt erstmal Vertrauen bekommen zu können.
Insgesamt gibt es hierzulande sehr wenig ausgebildete Menschen, die sich damit auskennen, es wird langsam besser, aber ist immer noch viele Meilen von gut entfernt. Das heißt, es ist ein hohes Maß an Duchhaltevermögen nötig, um irgendwann adäquate Hilfe zu bekommen. Retraumatisierungen auf der Suche sind quasi vorprogrammiert, weswegen ich immer versuchen würde, jemand Vertrautes zu den ersten Kontakten mitzunehmen.
Es dauert sehr lange, bis Therapie wirklich Erfolg zeigt, aber die ersten Schritte können oft sehr schnell gehen, gerade wenn es ein stationärer Aufenthalt ist. Ich kenne viele Menschen, die jahre- bis jahrzehntelang Therapie gemacht haben, und eigentlich immer noch nicht die Basics kannten, wie z.B. einen inneren sicheren Ort, die Möglichkeit, schwieriges in einen inneren Tresor zu sperren, Emotionsregulation und ähnliches.
Es gibt einige wenige relativ gute Stationen, ich weiß, dass in Bad Bramstedt eine gute psychosomatische Station ist (aber nicht ob das auch über die DRV läuft) und in Bad Wildungen eine Station rein für traumatisierte Frauen. Auf beiden wird wirklich gut gearbeitet, und die Erfolge sind für die recht kurze Zeit meist wirklich gut.
Wenn man einmal einen anfang gefunden hat, den Teufelskreis zu verlassen, dann kann das leben los gehen. Es bleiben viele "Narben", Empfindlichkeiten, Besonderheiten, aber man kann im Lauf der Zeit doch ganz gut lernen, damit umzugehen. Es ist bei mir im Grunde geblieben, dass der Akku sehr viel schneller leer ist als bei anderen, vor allem in Kontakten mit anderen Menschen. Auch gibt es immer noch Reize, die mich schnell an meine Grenzen bringen. Aber ich habe inzwischen so viele Strategien gelernt und entwickelt, dass das nicht mehr von Dauer und nicht mehr so tief ist.
Lange Zeit konnte ich arbeiten, bis vor ein paar Jahren eine erneute massive Traumatisierung vieles wieder aufgerissen hat und dann noch eine zusätzliche körperliche Erkrankung dazu kam. Ohne den Druck, irgendetwas tun zu müssen außer das, was ich zum Leben brauche, geht es mir so, dass ich sagen kann, es ist absolut ok so.
Bewußt habe ich mich gegen viele mögliche Dinge, insbesondere im Opferschutz, entschieden, und mich dabei regelmäßig auf die Grenzen der Mitwirkungspflicht berufen, die nämlich da sind, wo durch die Mitwirkung körperliche oder seelische Schäden entstehen. Dafür braucht es ärztliche Begleitung, die das sieht, und bereit ist, immer wieder das zu bescheinigen, notfalls auch mal telefonisch per Nachdruck unter Kollegen.
Das ist jetzt sicher alles etwas konfus und durcheinander, aber vielleicht doch geschickter, als es in jedem Thread eines einzelnen wieder aufzuschreiben. Vielleicht gibt es hier ja noch andere, die auch Wege gefunden haben, und man kann das ein wenig ergänzen, so dass alle, die es betrifft, ein wenig nachlesen können?
So weit erstmal, ich bin gespannt, ob das sinnvoll erachtet wird.
Lg wheelie
nachdem mir in letzter Zeit hier so viele Beiträge und User aufgefallen sind, die an Traumafolgestörungen zu kämpfen haben, ist meine Idee, ein wenig zu sammeln- über die Besonderheiten, und warum es oft wirklich schwierig ist im Umgang mit Behörden und auch anderen Menschen, aber auch über Hilfsmöglichkeiten und auch die Mechanismen, die zugrunde liegen.
Ich selber habe eine komplexe Traumafolgestörung durch massivste, jahrzehntelang andauernde Gewalt, begonnen in früher Kindheit. Irgendwie habe ich es geschafft, für mich inzwischen einen Alltag zu haben, der doch weitestgehend gut ist und mich nicht ständig überfordert. Der Weg dahin war schwierig und immer wieder von sehr viel Unverständnis und Retraumatisierungen geprägt.
Das Problem ist, dass Traumafolgestörungen sehr unterschiedlich sind, sich auch sehr unterschiedlich bei den verschiedenen Menschen und Charakteren zeigen.
Ein wichtiger Punkt ist allen gemeinsam, es ist eigentlich unmöglich, Vertrauen aufzubauen, gerade wenn es sich um komplexe TFS handelt. Dieses niemandem Vertrauen ist meist ein Teil der Überlebensstrategie, um etwas eigentlich nicht lebens- mögliches doch irgendwie lebend verlassen zu können. Überlebensstrategien stehen aber meist dem wirklichen, bunten fröhlichen, normalen Leben und auch Interaktionen, die von Vertrauen geprägt sind, entgegen.
Das ist oft das zentrale Problem, so werden 1000 Quellen angezapft, weil man ja niemandem vertrauen kann, von jeder hört man etwas anderes, womit das Mißtrauen dann weiter angefüttert wird, denn es sagt ja jeder was anderes, also kann man ja niemandem vertrauen...
Es gibt eine komplexe, gute Seite im Netz von der Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie, dort gibt es auch viele Adressen von Phychotherapeuten. Sehr gut helfen kann oft auch eine Ergotherapie, die nicht so im Sprechen und Denken ansetzt, sondern mehr im Tun. Das ist bei Traumatisierten oft ein besserer Zugang, um überhaupt erstmal Vertrauen bekommen zu können.
Insgesamt gibt es hierzulande sehr wenig ausgebildete Menschen, die sich damit auskennen, es wird langsam besser, aber ist immer noch viele Meilen von gut entfernt. Das heißt, es ist ein hohes Maß an Duchhaltevermögen nötig, um irgendwann adäquate Hilfe zu bekommen. Retraumatisierungen auf der Suche sind quasi vorprogrammiert, weswegen ich immer versuchen würde, jemand Vertrautes zu den ersten Kontakten mitzunehmen.
Es dauert sehr lange, bis Therapie wirklich Erfolg zeigt, aber die ersten Schritte können oft sehr schnell gehen, gerade wenn es ein stationärer Aufenthalt ist. Ich kenne viele Menschen, die jahre- bis jahrzehntelang Therapie gemacht haben, und eigentlich immer noch nicht die Basics kannten, wie z.B. einen inneren sicheren Ort, die Möglichkeit, schwieriges in einen inneren Tresor zu sperren, Emotionsregulation und ähnliches.
Es gibt einige wenige relativ gute Stationen, ich weiß, dass in Bad Bramstedt eine gute psychosomatische Station ist (aber nicht ob das auch über die DRV läuft) und in Bad Wildungen eine Station rein für traumatisierte Frauen. Auf beiden wird wirklich gut gearbeitet, und die Erfolge sind für die recht kurze Zeit meist wirklich gut.
Wenn man einmal einen anfang gefunden hat, den Teufelskreis zu verlassen, dann kann das leben los gehen. Es bleiben viele "Narben", Empfindlichkeiten, Besonderheiten, aber man kann im Lauf der Zeit doch ganz gut lernen, damit umzugehen. Es ist bei mir im Grunde geblieben, dass der Akku sehr viel schneller leer ist als bei anderen, vor allem in Kontakten mit anderen Menschen. Auch gibt es immer noch Reize, die mich schnell an meine Grenzen bringen. Aber ich habe inzwischen so viele Strategien gelernt und entwickelt, dass das nicht mehr von Dauer und nicht mehr so tief ist.
Lange Zeit konnte ich arbeiten, bis vor ein paar Jahren eine erneute massive Traumatisierung vieles wieder aufgerissen hat und dann noch eine zusätzliche körperliche Erkrankung dazu kam. Ohne den Druck, irgendetwas tun zu müssen außer das, was ich zum Leben brauche, geht es mir so, dass ich sagen kann, es ist absolut ok so.
Bewußt habe ich mich gegen viele mögliche Dinge, insbesondere im Opferschutz, entschieden, und mich dabei regelmäßig auf die Grenzen der Mitwirkungspflicht berufen, die nämlich da sind, wo durch die Mitwirkung körperliche oder seelische Schäden entstehen. Dafür braucht es ärztliche Begleitung, die das sieht, und bereit ist, immer wieder das zu bescheinigen, notfalls auch mal telefonisch per Nachdruck unter Kollegen.
Das ist jetzt sicher alles etwas konfus und durcheinander, aber vielleicht doch geschickter, als es in jedem Thread eines einzelnen wieder aufzuschreiben. Vielleicht gibt es hier ja noch andere, die auch Wege gefunden haben, und man kann das ein wenig ergänzen, so dass alle, die es betrifft, ein wenig nachlesen können?
So weit erstmal, ich bin gespannt, ob das sinnvoll erachtet wird.
Lg wheelie