1.)
Auf einem Kontoauszug fällt eine Abhebung an einem ausländischen Geldautomaten auf. Kann aus diesem Sachverhalt geschlussfolgert werden, dass der Kontoinhaber unerlaubt ortsabwesend war? 2.) Im Anschluss an eine zweiwöchige genehmigten Ortsabwesenheit meldet sich die erwerbsfähige leistungsberechtige Person nicht zum Meldetermin nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III zurück. Wie ist in diesem Fall weiter zu verfahren?
Abhebungen auf dem Konto sind ein Indiz für eine Ortsabwesenheit. Im Rahmen der Amtsermittlung sind weitere Anhaltspunkte zu prüfen und die erwerbsfähige leistungsberechtige Person anzuhören.
Weitere Anhaltspunkte können sein:
Abbuchungen von Reiseunternehmen oder Firmen außerhalb des ortsnahen Bereiches (etwa Geschäft in Paris,
Tankstelle außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches)
Stempel im Pass bei Reisen außerhalb der EU
Nichterscheinen zu Terminen ohne Angabe von Gründen
Dauernde Nichterreichbarkeit per Telefon
Ständiges Verschieben von Terminen
Überquellende Briefkästen
ständig herabgelassene Jalousien (Hinweise durch den Außendienst)
Unflexibilität des Kunden („Maßnahmebeginn unpassend, da keine Zeit“)
Anonyme Anzeigen
Hinweise von Dritten
Keine Reaktion auf Stellen-/ Maßnahmeangebote
Anrufe von Telefonen außerhalb des gewöhnlichen Aufenthalts (bei Rufnummernanzeige)
Falls die Ortsabwesenheit im Rahmen der Anhörung verneint wird und ein nachvollziehbarer Beweis der Ortsabwesenheit durch das Jobcenter nicht erfolgen kann, ist von der Richtigkeit der Angaben des Kunden auszugehen.
Einer unerlaubten Ortsabwesenheit kann insbesondere durch eine hohe Kontaktdichte begegnet werden.
So sollte insbesondere die Möglichkeit der Meldepflicht zum Zwecke der Vermittlung und Vorbereitung von Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit, auch
in den typischen Schulferien (
Ferienkalender.com - Schulferien, gesetzliche Feiertage 2012, 2013 etc.),
genutzt werden. Meldeversäumnisse sind nach § 32 SGB II zu prüfen.
Generell ist bei allen
Ortsabwesenheiten, sei es erlaubt oder unerlaubt, zu
klären, wie diese finanziert werden. Leistungen nach dem SGB II werden nur bei Vorliegen der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II bewilligt, so dass
Auslandsreisen ggf. einen Hinweis auf nicht angegebene Vermögenswerte und Einkommensquellen geben können. Unerheblich dabei ist, wenn der Urlaub durch das Schonvermögen finanziert wird.
Die Sachverhalte sind hier differenziert zu betrachten.Zum einen führt der nicht wahrgenommene Meldetermin zur Prüfung einer Sanktion nach § 32 SGB X. Hierzu ist die erwerbsfähige leistungsberechtige Person mündlich im Folgetermin oder schriftlich anzuhören (§ 24 SGB X).Zum anderen ist weiter zu ermitteln, ob die Ortsabwesenheit ohne wichtigen Grund (insbesondere Erkrankung s. Fachliche Hinweise zu § 7 Rz. 7.67 und 7.68) verlängert wurde bzw. ob Anhaltspunkte (s. erste Antwort) hierfür vorliegen. Bis zur abschließenden Klärung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 SGB II kann eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 331 SGB III ausgesprochen werden. Soweit der Nachweis einer verlängerten ungenehmigten Ortsabwesenheit geführt werden kann, sind die Fachlichen Hinweise zu § 7 Rz. 7.73 zu beachten. Zur Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.
Veröffentlicht: 10.09.12
WDB-Beitrag Nr.: 070070