AW: Jobcenter forder Pflegegutachten der zu pflegenden Person an - wie reagieren ? Diese Frage ist durchaus berechtigt und eine Frage, die ich mir selbst auch stellte. [...]
Die wurde mir bei einem saalfüllendem Vortrag eines engagierten Gutachters beantwortet, der Angehörigen Demenzkranker erläuterte, wie mit den Begutachtern umzugehen sei.
Es ist STOLZ und der (klägliche) Versuch, beim Aufrechterhalten der Fassade Würde zu bewahren.
Das sei lt. Vortragendem besonders bei Männern ein Phänomen, die sich eher die Zunge abbissen als nach dem Weg zu fragen.
Hör dich mal bei Krankenschwestern um, wie schnell sich Männer angesichts attraktiver Blondinen wieder alles zutrauen, Frauen hingegen - vom heimischen Pflichtprogramm hochoffiziell entbunden - Betreuung annähmen und sich eher fallen ließen.
Begutachter, die den Pflegegrad einzuschätzen haben, ließen z. B. Kulis vom Tisch kullern, die Serviette zum angebotenen süßen Stückchen fallen.
Der pflegebedürftige Herr wird sich lieber in Pein verrenken, damit er den umsichtigen Gastgeber und formvollendeten Kavalier alter Schule geben kann.
Wenn schon mal Besuch da ist... Vermerk des Gutachters:
Kommt selber an die Zehen.
Die Konsequenz daraus muß nicht erläutert werden. Was Angehörige dem Begutachter erzählen, wenn sie klein klein berichten, wo genau
Hilfe benötigt wird, wird das konterkariert und abwiegelnd klein geredet.
Deshalb sei der Pflegebedürftige zuvor in die Mangel zu nehmen - ähem hinreichend zu briefen - sofern Entlastung der Angehörigen bei der Begutachtung heraus kommen solle.
Speziell Männern sei klar zu machen, gefälligst den Stolz stecken zu lassen, DAMIT die Last endlich von den schmalen Schultern der Mutter, anderer Angehöriger, genommen werde.
Er sagte, in etwa so agieren wie es Co-Alkoholiker machen sollten:
Den Süchtigen durchaus gewähren lassen aber die eigenen Konsequenzen mitteilen und sie wirklich durchziehen.
Kurz: Den uneinsichtigen Pflegebedürftigen auch mal im Regen stehen lassen und dessen Wut aushalten.
Das Schwierige dabei:
Es sind die Eltern.
Die Personen, die einem früher die Ansagen gemacht und einen durch die Stürme des Lebens geleitet haben.
Daß das nun nicht mehr so ist, sondern - für sie viel demütigender - sie die Rolle dessen einnehmen sollen, dem jetzt Vorschriften gemacht werden müssen, ist schwer zu verdauen.
Das wird in der Übergangszeit - bis sie zur Einsicht kommen und sich vielleicht dankbar(er) zeigen - ziemlich stressig werden.
Tränen werden fließen.
Wie oft wurde mir von hilflos-wütend zitternden Zeigefingern die Tür gewiesen als ich mir erlaubte, das kleine Zimmer, das als Kammer auch der Vorratshaltung dient, gemeinsam mit der Haushaltshilfe auszumisten. Glücklicherweise hatte meine Mutter zuvor einen Pakt mit mir geschlossen, daß ich mich bitte darüber hinwegsetzen möge, sollte sie je so schrecklich uneinsichtig wie die Omas werden. Daß der Moment der Vertragserfüllung gekommen sei, wurde maulend hingenommen.
Hinterher waren alle froh, daß dort wieder getreten werden konnte, die Wut der Mutter darob, daß die
Hilfe vermeintlich gewonnen hatte, verraucht.
Die Dienstleisterin konnte doch gar keinen Duck aufbauen. Im Heim heißt es lapidar: "Wir zwingen hier keinen."
In der Umsetzung bedeutet das:
Wir lassen den Dementen vorm gefüllten Teller verhungern und sind mit der Feigenblatt-Ausrede schneller wieder im Raucherraum wo wir uns nach dem Peak dem Feierabend tratschend entgegen langweilen.
Essensausgabe/An- und Auskleiden sind in unterschiedlichen Schichten. Kaputt arbeiten tat sich dort keiner. Es bleibt das Problem des Insassen wenn er nicht an die Schnittchen geht, deren Rand er nicht mehr zu kauen vermag und der daheim immer abgeschnitten wurde.
Ist im Prinzip auch egal, weil der unmotivierte Zeitarbeiter den Teller wieder nicht in Armeslänge=Reichweite gestellt hat.
Wie oft habe ich sowas gesehen und ihm einen kleinen Schubs in Richtung Hand gegeben, dem Häufchen fremden Elend dabei aufmunternd übers Gesicht streichelnd.
Im Prinzip war das bei Insassen ohne kümmernde Angehörige genau so wie ich mir Isolationsfolter vorstelle.
Deshalb war täglich einer vor Ort, um wenigstens Körperkontakt und nach fehl schlagender Sensibilisierung des Personals wenigstens einmal täglich Nahrungsaufnahme ballaststoffreicher Lebensmittel zu gewährleisten. Ich werde nie verstehen, weshalb unsere Alten derart ungesund ernährt werden.
Die reinste Junk-Food-Orgie: Zu salzig, wo die schon eh' nicht trinken mögen? Zu süß, wo ihnen keiner die verbliebenen Zähne putzt?
Zu fett, zu aluminiumbelastet - und - rein gar nichts für den Darm zu tun.
Je weniger Ballaststoffe und Frisches, um so weniger Arbeit mit der Verrichtung.
Bei versteinerten Bäuchen und Koliken wird halt ins KH abgeschoben oder durchschlagende Chemie verabreicht.
Kurz bevor die nächste Schicht kommt. Die haut dann die nächste chem. Keule drauf, damit "das" aufhören möge.
@ HartzVerdient:
Ich verstehe nur zu gut, daß du dich zur Pflege verpflichtet fühlst.
Fremde lassen deine Leute, ohne groß mit der Wimper zu zucken, verrotten.
Egal was dir Hochglanzbroschüren und geführte Begehungen weis zu machen suchen.
Hinter den Kulissen spielt sich überall das selbe routinierte Elend ab.
Selbst in ultra-teuren "Residenzen" mit Konzertflügel, echten Teppichen auf Parkett im Gemeinschaftsraum stinkts in den Gängen zu den Zimmern erbärmlich, schaukeln unter Hospitalismus leidende Insassen in mit Gesicht zur Wand geparkten Rollstühlen - solltest du je unangemeldet zur Besichtigung auftauchen und "sehen wollen, wie der Alltag hier so aussieht".