Begründung: ca. 6,5 Millionen Erwerbslose VS 500.000 Arbeitsstellen. Man muss, denke ich, kein Mathegenie sein, um zu erkennen, wo das Problem liegt.
Ein Mathegenie muss man in der Tat nicht sein. Wenn man schon auf Statistiken Bezug nimmt, sollte man aber wenigstens zur Kenntnis nehmen (können), dass es keinen Sinn macht, einfach so Zahlen zu addieren, nur damit ein möglichst imposanter Wert bei rauskommt. Die 6,5 Mio. Erwerbslose, die du postulierst, sind
Unsinn (Begründung siehe ein Post weiter oben).
Davon abgesehen haben wir derzeit in Deutschland
weit mehr als 500.000 freie Arbeitsstellen. Allein in der Jobbörse sind über 1.000.000 Stellen sowie knapp 240.000 Ausbildungsstellen registriert. Sicher sind diese Zahlen
mit Vorsicht zu genießen, denn es ist gut möglich, dass zahlreiche der Stellen, die z.B. ZAF in der Jobbörse eintragen,
gar nicht existieren, sondern dass die nur der Ausweitung des Bewerber-Pools sowie der kostenlosen Werbung dienen. Auf wie viele der Stellen das zutrifft,
wissen wir aber nicht.
Was wir sehr wohl wissen, ist allerdings, dass gerade große Unternehmen ihre freien Stellen mitunter gar nicht an die Agentur für Arbeit melden, weil die ohnehin dauernd mit Bewerbungen überhäuft werden. Stellen von Top-Unternehmen tauchen daher in der Jobbörse oftmals gar nicht auf. Wir haben zwar insgesamt mehr Erwerbslose bzw. Bewerber als freie Stellen, gleichwohl ist das Missverhältnis längst nicht so groß, wie du es suggerierst.
Das größte Problem in Deutschland ist imho aber
nicht das Missmatching (Betrieb und Bewerber finden nicht zusammen), sondern eher, dass die Arbeit (1) ungleich verteilt ist und dass es (2) immer mehr Scheiß-Jobs gibt. Siehe dazu etwa den
aktuellen IAQ-Report, der eindrucksvoll belegt, dass „24,4% aller abhängig Beschäftigten für einen Stundenlohn unterhalb der Niedriglohnschwelle von 9,30 € pro Stunde“ schuften.
Dabei muss man folgendes berücksichtigen: Die [FONT="]Zahl der Erwerbstätigen ist von etwa 25 Mio. im Jahr 1960 auf 43 Mio. in 2014 gestiegen. Hört sich toll an
, allerdings gibt es einen Haken! Das Arbeitsvolumen (die zusammengezählten Stunden, die pro Jahr gearbeitet werden) ist nämlich im gleichen Zeitraum nur von 55 auf 59 Milliarden Stunden gestiegen[/FONT]. Das heißt nichts anderes als: Die im Wesentliche gleiche Menge an Arbeit
wird heute auf viel mehr Schultern verteilt.
Das bedeutet, dass viele Menschen
unfreiwillig nur in Teilzeit arbeiten und daher von ihrem Verdienst kaum leben können. Dass durch Hartz IV dann auch noch der Niedriglohnsektor
politisch gewollt ausgeweitet wurde (so dass auch Vollzeitbeschäftigte mitunter nur einen Hungerlohn nach Hause tragen), trägt sein Übriges dazu bei, dass die Spaltung der Gesellschaft in jene mit einem vernünftig bezahlten Job (noch die Mehrzahl!) und jene, die abgehängt sind, sich weiter vergrößert (siehe dazu z.B.
dieses Dokument, S. 30).
Kurzum: Kritik an der mitunter zynischen und verlogenen Arbeitsmarktpolitik und an unsinnigen Geldverbrennungs-Initiativen ist
gut und richtig. Daher mag ich ja auch dieses Forum. Die Zahlen, die man kritisiert, sollten aber richtig gelesen werden. Da muss man auch gar nix dran rumwerken, denn sie sind so, wie sie sind, schon schlimm genug.
Klar ist es toll, wenn immer mehr Menschen Arbeit haben. Wenn aber
1/4 aller Beschäftigten zu einem
Hungerlohn knechtet, ist das kein arbeitsmarktpolitischer Erfolg, sondern Armut verursachende S.c.h.e.i.ß.e. Denn wer einen Scheiß-Job hat, dem geht es in der Regel nicht besser als jemandem, der gar keinen hat (mitunter geht's ihm sogar schlechter). Aber:
Da kann man politisch ja was dran ändern!