Ich stelle mir das dann so vor: Da hungern Menschen und sind
arm, und werden nun von den Mitmenschen unterstützt und zu allen anderen in ihren Rechten bescheiden, aber menschenwürdig
gleichgestellt. Und du kommst jetzt daher, und nennst genau
diese Hilfe »organisierte, systematische menschliche Gewalt bzw.
Drohung mit Gewalt gegen andere Menschen«.
Merkst du nicht selbst, wie »schwach« das ist?
Ich merke gerade, dass es offensich doch nicht möglich ist, mit
wenigen Worten mitzuteilen, was ich sagen will.
Also nun, doch viel mehr Worte.
Wenn Menschen freiwillig andere unterstützen hat das nichts mit
Gewalt zu tun. Ein staatlich garantiertes Recht jedoch hat immer
mit der Androhung von Gewalt und notfalls auch mit der Ausübung
von Gewalt zu tun. In einem Staat können Menchen Rechte
durchsetzen, weil es Staatsgewalt gibt, das heißt Legislative,
Judikative und Exekutive. Es machen Menschen Gesetze, Menschen richten über deren Einhaltung und Menschen setzen Gesetze und Urteile durch.
Läuft es in einem Staat recht zivilsiert demokratisch und
friedlich merkt man von der Gewalt nicht viel, dann ist
Gefängnisstrafe mit recht humanen Umständen eventuell schon das
höchste der Gewalt und dann reicht die Drohung damit oft schon aus. Staatsgewalt ist auch das. Systematisch organisiert ist diese
Gewalt auch und es geht auch von Menschen aus.
Ich meine also mit »organisierte, systematische menschliche
Gewalt bzw. Drohung mit Gewalt gegen andere Menschen« nicht
unbedingt etwas besonders Schlimmes, wenngleich es drastisch
klingt.
Worauf ich hinaus will: Ein Recht ist daran gebunden, dass es
durchsetzbar ist und zwar mindestens notfalls mit Drohung mit
Gewalt oder direkt mittels Gewalt, auch, wenn es eventuell auch
recht humane Gewalt ist. Ein Recht ist keines, wenn es nur auf
Freiwillgkeit beruht.
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen hat das insoweit zu tun,
dass auch dieses als Recht angedacht wird und insoweit Staat
(sgewalt) voraussetzt.
Es ist nicht die Abhängigkeit vom Staat (siehe oben), sondern
von den Mitmenschen in der Gemeinschaft. Das ist was anderes.
Wenn wir begreifen, dass wir nur miteinander und bei
gegenseitiger Unterstützung und Hilfe existieren können, ist das
auch eine Chance, offener aufeinander zuzugehen.
Wieso ist das bedingungslose Grundeinkommen keine staatliche
Abhängigkeit? Natürlich besteht ein Staat letztlich immer aus
Menschen, die oft auch recht nett sind und denen ich oft auch
vertrauen schenken kann und auch schenke. Meine Nachbarn, meine Freunde, meine Familie aber auch vielen, die ich gar nicht kenne kann ich vielfach schon trauen.
Es kommt aber neben den Motiven der Einzelnen immer auch auf
Herrschaftsverhältnisse an. Diese hängen oft auf die eine oder
andere Weise mit mehr oder weniger irrationalen Ideen bzw.
Ideologien zusammen. Ob es also mit bedingungslosem
Grundeinkommen friedlich und freundlich oder gewaltsam und krass
abläuft hängt davon ab, wie der Staat beschaffen ist, der dieses
Recht dann durchsetzen soll.
Ein Staat kann recht nett sein, mit Beteiligungsrechten und
wenig Herrschaft sowie wenig Kontrolle. Es kann aber auch ein
Übrwachungsstaat mit Stasi sein oder ein nationalsozialistischer
Gewaltstaat. Staat kann gleichbedeutend sein mit
Zivilgesellschaft, jedoch auch mit Militärherrschaft oder sonst
irgendwelcher Herrschaft.
Ich verstehe die Grundeinkommensmodelle so, dass der Staat die
Leistungen auszahlt. Tut er es nicht, nicht ausreichend, nicht
pünktlich usw., dann ist das Recht auf bedingungsloses
Grundeinkommen ein Recht das nichts hilft, ein leeres Wort,
nichts wieter.
Denn wer garantiert mir, dass mein Recht auch immer durchsetzbar
bleibt? Wer definiert, was ich brauche? Was nützt mir jedes
Recht der Welt, wenn ich selbst es nicht durchsetzen kann? Diese
Frage ist eine Frage nach Macht und Herrschaft. Mein Recht kann
ich nur durchsetzen, wo ich nicht beherrscht werde.
Öhmm. Geht es jetzt noch ums Bedingungslose Grundeinkommen
(bGE)? Ich denke nein. Das bGE meint ausschließlich eine
»bescheidene, aber menschenwürdige Existenzsicherung«, die
zwingend umfasst: Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie. Sowie
ein Mindestmaß an kultureller Teilhabe.
Was du allerdings mit »mein Recht« meinst, ist nicht erkennbar.
Mit "mein Recht" meine ich in dem zitierten Zusammenhang mein
bedingungsloses Existenzrecht und "die Würde des Menschen". Klar
geht es mir um das bedingungslose Grundeinkommen, bzw. das Recht darauf und darauf, das es auch hält, was es verspricht.
Nicht unbedingt ich selbst oder eine nette Gemeinschaft würde ja
in der Realität drüber beschließen, was unter eine
"menschenwürdige Existenzsicherung" für mich nun fällt. Und
tatsächlich bekommen kann ich das Grundeinkommen auch nur, wenn mein Recht (auf Existenz) durchsetzbar ist, wenn also
tatsächlich jemand das auch garantiert, ein Rechtssysthem, das
auch Gewaltandrohung und Gewalt beinhaltet. Sonst ist es
Klopapier.
Wenn ich in einem Staat lebe, in dem ich theoretisch bekomme was
ich brauche, praktisch aber die Staatskassen leer sind und
nichts auszahlen können, dann hilft es alles nix. Ebenso, wenn
es zwar Geld gibt, aber davon nix gekauft werden kann.
Insofern bin ich als Grundeinkommensabhängige abhängig davon,
was in die Steuertöpfe kommt und was von den Steuern dann die
Staatskasse als Grundeinkommen abgibt.
Und dass ich das wirlich über Wahlen bzw. gemeinsam mit meinen
Mitmenschen bestimmen kann, wenn es tatsächlich zu diesem
bedingungslosen Grundeinkommen kommen sollte, das bezweifle ich
leider stark.
Zahlreiche Dienstleistungen und viele Gebrauchtgegenstände
können wir schon jetzt wunderbar gegenleistungsfrei einander
geben. Bei Dingen wie Essen und Wohnraum sieht es dagegen damit
sehr schwer aus, und sowas ist eben im Gegensatz zu den ganzen
Dienstleistungen zentral. Ich bekomme zwar manchmal Äpfel oder
Tomaten aus Kleingärten, auch mal Haselnüsse oder Erdbeeren,
aber existenzsichernd ist das nicht. Selbst kann ich bisweilen
ein paar Äpfel nehmen und auch geben, die an frei zugänglichen
Apfelbäumen hängen sonst nur Dienstleistung.
Das meiste Essen das ich esse kommt ausm Supermarkt und nicht
von hier und ich habe keine Ahnung, wo es her kommt, wem das
Land gehört, woher es stammt usw. Das ist anonym und nicht so
sonderlich vertrauenserweckend.
Und meinen Vermieter kenne ich ausreichend, um dem nicht zu
vertrauen , weil er schon einige betrogen hat.
Somit ist mit staatlicher Unabhängigkeit nicht viel. Ich würde
diese Gelder (bedingungsoses Grundeinkommen) wohl oder übel brauchen also davon abhängig sein, oder aber davon, irgendwie eine Lohnarbeit zu bekommen und das dann auch zu machen. Ob die aber dann zu bekommen wäre?
Das heißt, ich bin dann mit bedingungslosem Grundeinkommen auch auf DEN STAAT angewiesen, nicht blos auf meine Mitmenschen, mithin auch auf die herrschenden Umstände, Ideen und Ideologien.
Und ob ich meinen Mitmenschen unbedingt traue, naja,
eingeschränkt. Z.B. würden hier im Wohnviertel mir manche
Menschen keine sogenannte "Schulmedizinische" Hilfe bei Krebs
zubilligen wollen, weil die glauben, das sei alles Teufelszeug
oder so... Da hält sich mein Vertrauen bezüglich
Existenzsicherung und dass die anderen beurteilen können, was
ich brauche schon eher in Grenzen. Und um Ideologie geht es da auch.
Und nein, ich finde Hartz 4 auch nicht besser, als bedingungsloses
Grundeinkommen, wie käme ich dazu?
Aber dass das Grundeinkommen hilfreich wäre nehme ich eben auch nicht an. Ich sage nicht, jetzt ist es besser oder früher war es besser, sondern: so (mit bedingungslosem Grundeinkommen als staatlich garantiertem Recht) wird es auch nicht besser.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen dagegen als solches ist wichtig, also der Zugang zu den Gütern dieser Welt für alle.
Die Frage ist, kann das ein Staat garantieren, geht das als Geldleistung und wenn ja, wie muss ein Staat aussehen, der das tut und geht das mit dem vorhandenen Wirtschaftssystem usw. usw.