a) sind pro 1 Termin überhaupt 2 Meldezwecke zulässig?
Ja. Gerade aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sind auch mehrere Meldezwecke für einen Meldetermin möglich. Es wäre unverhältnismäßig, für jeden Grund immer einen neuen Termin anzusetzen, denn dann müsste der "Kunde" ggfs. wesentlich häufiger im Jobcenter erscheinen. Alle Melde-Aufforderungsgründe, die im § 309 SGB III genannt sind, sind
frei kombinierbar.
Dass in den Einladungsschreiben immer nur ein einziger Meldezweck genannt wird, ist schlicht und einfach ein Software-Problem. Man kann beim Erstellen der Einladung nur einen Zweck auswählen. Es kann aber sehr gut sein, dass ein und derselbe Termin zum Grund der Vermittlung in Arbeit wie auch zwecks Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistung erfolgt.
Genau genommen ist das sogar
die Regel. Da werden z.B. bei einem einzigen Termin Vermittlungsvorschlage ausgedruckt (Vermittlung in Arbeit) und da wird der "Kunde" in eine Maßnahm zugewiesen (Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistung). Oftmals wird dann auch noch leistungsrelevantes (Fragen zu Darlehen etc.) geklärt.
Immerhin empfielt z.B. die BA_SGB-II-Arbeitshilfe_Mindestkundenkontaktdichte_Stand09-2010 eine Dauer von 60min incl. Vor- und Nachbearbeitungszeit; und das dort (nur) für das Ziel ´Erarbeitung bzw. Umsetzung und Nachhaltung des individuellen Integrationsplans´. Eine mündliche Anhörung incl. Vor- und Nachbearbeitung derselben ist in diesen 60min noch lange nicht drin.
Was solche BA-Papiere angeht, ist es wie mit der Bibel: Die widersprechen sich an diversen Stellen selbst. Dass man so, wie man laut BA-Weisungen arbeiten soll, nicht arbeiten kann, weiß jeder in der BA. Zynisch könnte man sagen: Wer wirklich so arbeitet, wie die BA offiziell anweist, ist nach wenigen Wochen gekündigt oder erledigt (Burnout).
Denn neben den fachlichen Hinweisen und sonstigen BA-Konzeptpapieren gibt es in jedem Jobcenter eben noch diverse interne Weisungen, die deutlich anderes vorgeben.
Irgendwelche BA-Papiere sagen, ein Termin hätte in etwa so und so lange zu dauern. Es gibt aber in den Jobcentern auch interne Anweisungen, die eine andere Termin-Zeittaktung vorgeben, wonach man z.B. auch nach Art der Termine die Zeit völlig anders einzuteilen hat. Für einen Erst-Termin soll man dan z.B. 45 Minuten veranschlafen, für einen Standard-Folge-Termin aber nur 20-30 Minuten usw. Das variiert.
Hinzu kommt, dass die BA-Konzepte von dem fiktiven, in der Realität völlig unerreichbaren Ideal ausgehen, dass man als pAp ca. 150 "Kunden" hat. In der Realität haben die pAps, die in Vollzeit arbeiten, aber zwischen 250 und 500 "Kunden" zu "betreuen". Da ist es geradezu geboten, auch viele 5-Minuten-Termine zu haben.
b) was will sie denn überhaupt sanktionieren? (Auch) die FH zu § 32 spricht von ´Nichterscheinen´. Teilnahme und Mitwirkung am Beratungsgespräch verweigert und damit ... vereitelt´ klingt eher nach § 31 ´Verweigerung der Anbahnung´; das dürfte also kompletter Quatsch sein.
Maßgeblich relevant ist hier erneut der § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III. Im letzteren heißt es in Abs. 3:
"Die meldepflichtige Person hat sich zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Ist der Meldetermin nach Tag und Tageszeit bestimmt, so ist die meldepflichtige Person der allgemeinen Meldepflicht auch dann nachgekommen, wenn sie sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird."
Allein zu einem Termin zu erscheinen,
reicht nicht aus. Es muss auch der Zweck der Meldung erreicht werden. Das geschieht nicht, wenn der Termin verfrüht abgebrochen wird. Von daher ist es - rein rechtlich gesehen - möglich, sowas zu sanktionieren.
Aber: Ebenso ist gut möglich, dass eine etwaige Sanktion vom SG gekippt würde. Hier kommt es auf die Spezifika des Einzelfalls an, also im Detail darauf, ob
ein wichtiger Grund für den Abbruch vorlag. Da will ich mich per Ferndiagnose ohne Kenntnis des Falls nicht aus dem Fenster lehnen.
Außerdem fehlt sowieso in der RFB der Hinweis "Wenn wir im Termin nicht über den genannten Meldezweck sprechen, werde ich Sie auch sanktionieren
Nein, da feht - rein rechtlich gesehen - nichts, denn eine Äußerung des "Kunden" beim Termin wird im Folgeeinladungsschreiben
nirgends verlangt. Da steht sinngemäß lediglich: Ich gebe Ihnen
hiermit - das heißt:
mit diesem Schreiben - Gelegenheit, sich zu äußern. Ob der "Kunde" sich nun schriftlich äußert oder dies mündlich beim Folgetermin am 06.08.14 tut, ist egal.
Er wurde
nicht aufgefordert, sich mündlich zum Folgetermin zu äußern. Überdies ergeht der Folgetermin korrekt nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III, da er zum Zweck der Besprechung der beruflichen Situation erfolgt. Der "Kunde" kann sich - abgesehen von der Besprechung der beruflichen Situation - zum diesem Termin auch mündlich zur Anhörung äußern, er
muss das aber nicht.
Davon ab als Info: Es handelt sich um einen Standard-Textbaustein und es ist
ein übliches Verfahren, eine Anhörung mit einer Folgeeinladung zu kombinieren! Das passiert täglich 100-fach in den Jobcentern der Republik. Das BA-Programm zum Versand von Einladungsschreiben (ATV) sieht es auch genauso vor, dass diese Kombination aus Anhörung/Einladung erfolgt.
Ich würde zu folgendem Vorgehen raten:
1) Zum Folgetermin erneut mit Beistand erscheinen.
2) Sich zum Abbruch des 1. Termins schriftlich äußern. In der schriftlichen Äußerung sollte darauf eingegangen werden, dass und warum ein wichtiger Grund für den Abbruch des Termins vorlag. Hier kann alles rein, was man als relevant erachtet (keine Ausweispflicht des Beistandes, Datenschutz etc.).
3) Die schriftliche Äußerung nachweislich der Aushändigung (Quittung oder VerBIS-Vermerk) beim Termin abgeben und bei diesem Termin freundlich und bestimmt die eigene Wehrhaftigkeit zur Schau stellen.
4) Die schriftlich formulierten Gründe zusätzlich nun nochmal beim Folge-Termin vortragen.
5) Sollte es dann wieder "hoch hergehen", würde ich von einem erneuten Abbruch abraten und zwecks Klärung des Sachverhalts auf ein direktes Gespräch mit der Teamleitung bestehen.