Am Montag wird die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ein guter Anlass, uns einzugestehen, dass die deutsche Doktrin bei Rüstungsexporten mehr einem Vabanquespiel als einer handfesten Strategie gleichkommt.
„Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen“, schrieb der britische Philosoph Thomas Hobbes seinen Zeitgenossen ins Stammbuch. Folgt man seiner – mittlerweile überholten – Annahme, der Wolf sei blutrünstig, auf den eigenen Vorteil bedacht und stets aggressiv, dann muss einem gruseln vor dieser Welt und den Menschen, die sie bevölkern. In einer solchen Welt wirken die moralischen Argumente gegen Waffenlieferungen lahm. Wenn der Mensch nun mal keinen Frieden halten kann und stets um seine Sicherheit zu fürchten hat, dann – und jetzt hören Sie die Idealisten unisono seufzen – brauchen sie also Waffen.
Die Kanzlerin, glaubt man der aktuellen „Spiegel“-Geschichte zu den deutschen Rüstungsexporten, ist da ganz Realistin. Im martialischen Flecktarn-Blazer blickt sie dem Betrachter düster von der Titelseite entgegen. Die Augen zusammengekniffen, kein Lächeln umspielt die Lippen. Was sein muss, muss eben sein, sagt der Blick. Geben wir uns also dieser Welt und ihren brutalen Spielregeln hin und schauen, welche strategische Positionierung die Regierung unter Angela Merkel für Deutschland vorgesehen hat.
Quelle: The European passend dazu: Unheimlich geheime Waffenexporte
Der Gegensatz könnte größer kaum sein: Wenn die Bundesregierung deutsche Soldaten mit ihren Waffen ins Ausland schicken will, kommt sie am Parlament nicht vorbei. Anders ist das bei Entscheidungen über Rüstungsexporte, obwohl Kampfpanzer oder U-Boote unter indonesischem oder ägyptischem Befehl nicht weniger tödliche Wirkung entfalten als unter dem Kommando gut ausgebildeter Bundeswehr-Offiziere und obwohl High-tech-Waffensysteme wie der „Leopard 2“ in großer Stückzahl das militärische Kräfteverhältnis zwischen verfeindeten Staaten verändern und damit eine ganze Region destabilisieren können. Doch wenn darum gerungen wird, ob und in welches Land deutsche Waffen geliefert werden, haben die Volksvertreter nichts mehr zu bestellen. Dann treffen sich acht Minister unter dem Vorsitz von Angela Merkel streng abgeschirmt im Bundessicherheitsrat. So geheim tagt die Runde, dass sich strafbar macht, wer daraus berichtet. Was die Journalisten recherchiert haben, bestärkt die These, dass die schwarz- gelbe Bundesregierung sich von jener restriktiven Rüstungsexportpolitik verabschiedet, auf die das politische Berlin lange mindestens so stolz war wie auf die Parlamentsarmee. Seit gut einem Jahr macht Kanzlerin Merkel öffentlich Andeutungen darüber, dass sie die Bundeswehr nur noch im Notfall in Krisengebiete schicken, stattdessen aber Partnerländer außerhalb der Nato durch Rüstungsexporte stärken wolle. Die Auskunft, was das praktisch bedeute, verweigert die Bundesregierung regelmäßig. Ob Panzer für die Potentaten in Saudi-Arabien und Katar den Iran in Schach halten können, ob sie als Waffen gegen Aufständische taugen und ob nach einem Sturz der Regime womöglich weit radikalere Kräfte über die modernen deutschen Waffen verfügen – über all das kann sich der Bundestag weder informieren noch darüber entscheiden. – Der Bundestag hat es selbst in der Hand, sich mit einem neuen Gesetz mehr Informationen und Mitsprache zu sichern. Es wäre eine schöne Dialektik, wenn Angela Merkel mit ihrem Aufreißen der Tür für Rüstungsexporte das Parlament so sehr vor den Kopf stoßen würde, dass sich die Abgeordneten ihr Recht auf Kontrolle der Außen- und Sicherheitspolitik wieder zurückholen würden. Ein bisschen Mut gehört im Jahr vor der Wahl freilich dazu.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Im Grunde liefert die Kanzlerin selbst die besten Argumente für eine Gleichstellung einer Entscheidung über Krieg und Fieden und über Waffenlieferungen. Wenn neuerdings die Strategie heißt, dass Rüstungsexporte den Krieg von Partnerländern ermöglichen und den Einsatzes eigener Truppen ersetzen sollen, dann ist die Entscheidung über Waffenexporte eine Entscheidung über Krieg und Frieden – und damit eine Sache des Parlaments.
„Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen“, schrieb der britische Philosoph Thomas Hobbes seinen Zeitgenossen ins Stammbuch. Folgt man seiner – mittlerweile überholten – Annahme, der Wolf sei blutrünstig, auf den eigenen Vorteil bedacht und stets aggressiv, dann muss einem gruseln vor dieser Welt und den Menschen, die sie bevölkern. In einer solchen Welt wirken die moralischen Argumente gegen Waffenlieferungen lahm. Wenn der Mensch nun mal keinen Frieden halten kann und stets um seine Sicherheit zu fürchten hat, dann – und jetzt hören Sie die Idealisten unisono seufzen – brauchen sie also Waffen.
Die Kanzlerin, glaubt man der aktuellen „Spiegel“-Geschichte zu den deutschen Rüstungsexporten, ist da ganz Realistin. Im martialischen Flecktarn-Blazer blickt sie dem Betrachter düster von der Titelseite entgegen. Die Augen zusammengekniffen, kein Lächeln umspielt die Lippen. Was sein muss, muss eben sein, sagt der Blick. Geben wir uns also dieser Welt und ihren brutalen Spielregeln hin und schauen, welche strategische Positionierung die Regierung unter Angela Merkel für Deutschland vorgesehen hat.
Quelle: The European passend dazu: Unheimlich geheime Waffenexporte
Der Gegensatz könnte größer kaum sein: Wenn die Bundesregierung deutsche Soldaten mit ihren Waffen ins Ausland schicken will, kommt sie am Parlament nicht vorbei. Anders ist das bei Entscheidungen über Rüstungsexporte, obwohl Kampfpanzer oder U-Boote unter indonesischem oder ägyptischem Befehl nicht weniger tödliche Wirkung entfalten als unter dem Kommando gut ausgebildeter Bundeswehr-Offiziere und obwohl High-tech-Waffensysteme wie der „Leopard 2“ in großer Stückzahl das militärische Kräfteverhältnis zwischen verfeindeten Staaten verändern und damit eine ganze Region destabilisieren können. Doch wenn darum gerungen wird, ob und in welches Land deutsche Waffen geliefert werden, haben die Volksvertreter nichts mehr zu bestellen. Dann treffen sich acht Minister unter dem Vorsitz von Angela Merkel streng abgeschirmt im Bundessicherheitsrat. So geheim tagt die Runde, dass sich strafbar macht, wer daraus berichtet. Was die Journalisten recherchiert haben, bestärkt die These, dass die schwarz- gelbe Bundesregierung sich von jener restriktiven Rüstungsexportpolitik verabschiedet, auf die das politische Berlin lange mindestens so stolz war wie auf die Parlamentsarmee. Seit gut einem Jahr macht Kanzlerin Merkel öffentlich Andeutungen darüber, dass sie die Bundeswehr nur noch im Notfall in Krisengebiete schicken, stattdessen aber Partnerländer außerhalb der Nato durch Rüstungsexporte stärken wolle. Die Auskunft, was das praktisch bedeute, verweigert die Bundesregierung regelmäßig. Ob Panzer für die Potentaten in Saudi-Arabien und Katar den Iran in Schach halten können, ob sie als Waffen gegen Aufständische taugen und ob nach einem Sturz der Regime womöglich weit radikalere Kräfte über die modernen deutschen Waffen verfügen – über all das kann sich der Bundestag weder informieren noch darüber entscheiden. – Der Bundestag hat es selbst in der Hand, sich mit einem neuen Gesetz mehr Informationen und Mitsprache zu sichern. Es wäre eine schöne Dialektik, wenn Angela Merkel mit ihrem Aufreißen der Tür für Rüstungsexporte das Parlament so sehr vor den Kopf stoßen würde, dass sich die Abgeordneten ihr Recht auf Kontrolle der Außen- und Sicherheitspolitik wieder zurückholen würden. Ein bisschen Mut gehört im Jahr vor der Wahl freilich dazu.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Im Grunde liefert die Kanzlerin selbst die besten Argumente für eine Gleichstellung einer Entscheidung über Krieg und Fieden und über Waffenlieferungen. Wenn neuerdings die Strategie heißt, dass Rüstungsexporte den Krieg von Partnerländern ermöglichen und den Einsatzes eigener Truppen ersetzen sollen, dann ist die Entscheidung über Waffenexporte eine Entscheidung über Krieg und Frieden – und damit eine Sache des Parlaments.