Bei den Rentenversicherungen handelte es sich bis zum Jahr 1957 um reine Kapitalansparversicherungen mit einem Gesamtkapitalbestand von damals rund 40 Milliarden DM. 50 Jahre später wird die Rentenreform von 1957als Geburtsstunde des modernen Rentensystems gefeiert, obwohl eine Trauerfeier das eigentlich nahe liegende währe. Es war die Regierung Adenauer, die den Rentenversicherer den ersten schweren Schlag zufügte. So mussten als Folge des 2. Weltkrieges Rentenzahlungen für arbeitsunfähige Kriegsversehrte aus dem beitragsfinanzierten Rentensystem, anstatt aus Steuermitteln gezahlt werden. Aus den somit frei gewordenen Steuermitteln, wer denkt dabei an Zynismus, konnte dann die Wiederbewaffnung für den nächsten Krieg betrieben werden.
Etwa ab dem Jahr 1960, ebenfalls unter dem CDU Kanzler Adenauer wurden die Rentenkassen durch die Politik gezwungen, insolvente Rentenkassen anderer Versicherungsträger, wie beispielsweise landwirtschaftliche Versorgungskassen in ihr funktionierendes System zu integrieren, ohne allerdings den entstandenen Verlust aus Steuermitteln ersetzt zu bekommen. Der unfreiwillige Deal ging im damaligen Wirtschaftswunderrausch ohne größeres Aufsehen und Protest über die Bühne, es ging ja schließlich steil aufwärts und wer wollte schon den Mahnern und Warnern zuhören, ihnen gar glauben schenken?
Mit dem so genannten demographischen Faktor, dem Todschlagsargument der neuen, als asozial einzustufenden Politik der Entsolidarisierung werden wir heute konfrontiert, wenn es um Kürzungen und Streichungen in der Sozialpolitik geht. Der demographische Faktor, die Mär von der Vergreisung und den viel zu teuer gewordenen Alten muss auch herhalten, um von den weiteren systematisch betriebenen Plünderungen der Sozialkassen abzulenken.
Unter der Regierung Kohl wurden den Rentenversicherungen weitere Lasten aufgebürdet. Die so genannten versicherungsfremden Leistungen führten zu einem weiteren Aderlass, ebenfalls ohne finanziellen Ausgleich. Es kamen hinzu: Die Übernahme sämtlicher Versorgungsleistungen für Umsiedler, Ostflüchtlinge und Aussiedler, ohne das diese jemals Beiträge in das bereits kränkelnde System eingezahlt hatten. Weiter ging es mit der „sozialverträglichen" Massenentlassung Hunderttausender zur angeblichen Sanierung der Großkonzerne und deren weiterer Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der Globalisierung. Der Rauschmiss im großen Stiel erhielt einen sozialen Rahmen, für den die BeitragszahlerInnen aufzukommen hatten und nicht diejenigen die in der Vergangenheit ihre Gewinne durch die Arbeitskraft der jetzt Überflüssigen, erzielt hatten.
Mit dem Beitritt der DDR zum bundesrepublikanischen Sozialstaat und um die blühenden Landschaften Helmut Kohls zu finanzieren, wurde dem angeschlagenen Rentensystem auch noch die Folgen des zusammengebrochenen Arbeitsmarktes der DDR zugemutet. Hier wurde das nun überflüssig gewordene „Humankapital" auf die „humane" Art des „Sozialstaates" in die Frühverrentung gedrängt. Nichts weiter als teures Make up für die Arbeitslosenstatistik auf Kosten der Beitragszahler. Hinzu kam die Finanzierung der Renten von DDR-Bürgern und um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen, der Verkauf von BfA-Anlagevermögen in Milliardenhöhe zur Errichtung von Wohnungen für zurückkehrende sowjetische Militärangehörige.
Die Kassen sind leer, wird uns täglich erzählt und Schuld an allem Übel ist das undankbare, raffgierige Volk, dessen Ansprüche nicht mehr zu befriedigen sind. Sozialschmarotzer fressen das alles auf, was der Staat doch so dringend zur Sicherung von Rohstoffen, für Terrorismusbekämpfung und „Friedensmissionen" in aller Welt braucht. Aber trösten wir uns: Unsere Rente fliegt am Himmel Afghanistans, sie schwimmt im Mittelmeer und am Horn von Afrika und so richtig marschieren wird sie sicher auch bald wieder. Bleibt nur noch zu klären, wie Rentenzahlungen für arbeitsunfähige Kriegsversehrte in Zukunft finanziert werden sollen.
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