25. Februar 2007 um 12:29 Uhr
Die Folgen der Hartz-Gesetze waren vorhersehbar
Verantwortlich: Albrecht Müller | Druckversion | < zurück
Am 30.11.2002(!) hat der Berliner Dipl. Ingenieur Reinhard Dunkel vor der Delegiertenversammlung der IG Metall Berlin eine Rede zu den Hartz-Gesetzen u.a.m. gehalten. Weil das eine gute Vorhersage war und zugleich belegt, dass unsre Verantwortlichen wissen konnten, was sie tun, und dennoch einige heute aus der Verantwortung fliehen wollen, geben wir den Text wieder, einschließlich eines aktuellen Nachtrags des Autors. Albrecht Müller.
An die Delegiertenversammlung der IG Metall Berlin am 30.11.02
Zitat: „Du sollst Dir kein Bild machen!“
Liebe Delegierte,
hier stehe ich und kann nicht anders. Ich darf zu Ihnen sprechen, als Gast.
Ich will das Wort an Sie richten, als Gewerkschafter und Mitglied des Arbeitskreises Arbeitslosigkeit.
Ich muss meine Stimme erheben, denn ich bin betroffen vom Bild und der Stellung des Arbeitslosen in diesem Deutschland und als Betroffener.
Und gegen die Einbindung des Hartz-Programms in die Sparbeschlüsse.
Ich war arbeitslos und bin bald wieder arbeitslos, im Januar 03, liege dann auf meiner faulen Haut und in meiner sozialen Hängematte, liege dem Steuerzahler auf der Tasche und bringe Deutschlands Wirtschaft an den Rand des Ruins.
Zusätzlich bin ich noch ein potentieller Frührentner, der Deutschlands Sozial- und Rentenkassen plündern will, um sich in südlichen Gefilden zu erholen auf Kosten und zu Lasten der Jungen Generation.
Dabei habe ich doch gar nichts in die Rentenkasse gezahlt bis 1990, da ich aus dem Osten bin, wo es eine hohe versteckte Arbeitslosigkeit gab. Und nach der Deutschen Einheit musste der Steuerzahler auch noch Solidaritätszuschlag für mich bezahlen.
Genug vom Sarkasmus.
Ich möchte mich vorstellen: Mein Name ist Reinhard Dunkel, Diplom-Ingenieur, 58 Jahre alt, 40 Jahre Gewerkschafter und auch mal Delegierter Anfang der 90er Jahre. Vielleicht erinnert sich der Eine oder die Andere dunkel daran.
Nach 1990 war ich Betriebsratsvorsitzender der Yachtwerft Berlin. Das Unternehmen ist liquidiert. Von ehemals 1000
AN haben nur noch wenige Arbeit, viele wurden arbeitslos. Ältere machten für Jüngere Platz- Vorruhestand.
5 Jahre habe ich Beschäftigungswirksame Projekte für ehemalige Kollegen und andere Arbeitslose durchführen können. Durchschnittlich 60 Arbeitslose habe ich als Quasi-Unternehmer beschäftigt.
Hunderte von Betroffenen angehört und ausgewählt, manchmal hilflos.
1998 wurde ich arbeitslos, unterbrochen durch Weiterbildung, dann langzeitarbeitslos trotz vieler Bewerbungen von Ost bis West, Nord und Süd bis Arbeitsort Ausland.
Zurzeit bin ich in einer Vergabe-ABM im GaLa-Bau als Projekt-Ingenieur tätig, unter anderem auch verantwortlich für Anhörung und Auswahl zur Einstellung der
AN, aber auch zur Leistungsbeurteilung bis hin zur Entlassung.
Ich bin mit den Arbeitslosen konfrontiert, nicht mit dem Bild, das in dieser Gesellschaft geschürt wird. ...
Quelle:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=2138