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Kassel (dpa) -
Das Bundessozialgericht hat mit mehreren Urteilen am Mittwoch die Rechte von
Hartz-IV -Empfängern gestärkt. So darf einem Arbeitslosen nicht das Arbeitslosengeld II gekürzt werden, nur weil er in einer Wohngemeinschaft lebt. Erwachsene Kinder haben auch dann Anspruch auf den vollen Zuschuss, wenn sie bei ihren Eltern mitessen. Die obersten Sozialrichter Deutschlands meldeten zudem in einer Entscheidung "gewichtigen Bedenken" gegen den Abzug von Verpflegungskosten beim Arbeitslosengeld II (
ALG II ) an.
Seit Anfang des Jahres können die Sozialbehörden bis zu 35 Prozent, also gut 120 von den 347 Euro des Regelsatzes, einbehalten, wenn der Arbeitslose anderweitig verpflegt wurde. Im konkreten Fall hatte ein Mann aus dem mittelfränkischen Neustadt an der Aisch geklagt, der Anfang 2006 für fünf Wochen im Krankenhaus lag. Das Amt hatte das
ALG II um gut ein Drittel gekürzt, weil der Mann in der Klinik versorgt worden sei. Das Landessozialgericht hatte das gebilligt.
Dem widersprachen die Bundesrichter (Az.: B 14 AS 22/07 R). Das Arbeitslosengeld II werde pauschaliert gezahlt und könne nicht einfach um einzelne Positionen gekürzt werden. Zudem habe es 2006 gar keine rechtliche Grundlage für die Kürzung gegeben. Die ist zwar seit Beginn des Jahres da, stieß aber auf die "gewichtigen Bedenken" der Bundesrichter. Diese Regelung sei noch nicht höchstrichterlich überprüft worden: "Das stand heute nicht zur Debatte."
Die Richter gaben auch einer 22-jährigen Berlinerin Recht, die von ihren Eltern mitverpflegt wird (Az.: B 14 AS 46/07 R). Der Senat verurteilte das Jobcenter Charlottenburg, künftig die vollen Bezüge zu zahlen und die bisherige Differenz nachträglich zu überweisen.
Hartz-IV -Empfängern darf auch nicht das
ALG II gekürzt werden, nur weil sie in einer Wohngemeinschaft leben. Laut
BSG gibt es in den Gesetzen zur Arbeitsmarktreform den Begriff der Wohngemeinschaft nicht. Dort gebe es nur Bedarfsgemeinschaften, die aber nicht dem Zusammenleben voneinander unabhängiger Menschen entsprächen.
Allerdings machte das Gericht zugleich klar, dass das tatsächlich nur für nicht in einer Partnerschaft zusammenlebende Menschen gelte. Sollte das Amt von einer Beziehung zwischen den Zusammenwohnenden erfahren, könnten diese als Bedarfsgemeinschaft gewertet und ihnen das Arbeitslosengeld II gekürzt werden (Az.: B 14/11b AS 61/06 R).
Rechte von Hartz-IV-Beziehern verletzt