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SPD: Herkunftslandprinzip
«weitgehend ausgehebelt»
Brüssel/Berlin (LiZ) - Die Fraktionen der Sozialdemokraten und der Konservativen im Europaparlament haben sich auf einen Kompromiß bei der in der kommenden Woche zur Abstimmung anstehenden Dienstleistungsrichtlinie verständigt. Die von der EU-Kommission entworfene Richtlinie war insbesondere bei Gewerkschaften und sozialen Verbänden auf vehementen Widerstand gestossen. Nach den bisherigen Planungen wäre jedem EU-Unternehmen erlaubt worden, in jedem anderen EU-Staat zu seinen heimischen Bedingungen tätig zu werden. So hätten etwa tschechische Firmen in Holland ihre Mitarbeiter nach tschechischen Tarifen entlohnen können und auch nur ihre heimischen Umweltstandards beachten müssen. Dieses so genannte Herkunftslandprinzip ist, so die SPD, durch den Kompromiß weitgehend ausgehebelt worden.
SPD-Chef Matthias Platzeck zeigt sich ob der Einigung erleichtert. "Der vorliegende Kompromiss zur Dienstleistungsrichtlinie stellt den ursprünglichen Entwurf vom Kopf auf die Füße und sichert das Europäische Sozialmodell. Gleichzeitig wird der freie Marktzugang europaweit garantiert. Die sozialdemokratischen Vorstellungen konnten in großen Teilen durchgesetzt werden."
Alle Bestimmungen des Arbeits-, Tarif und sonstigen Sozialrechts des Bestimmungslandes müssen demnach vom Dienstleistungserbringer eingehalten werden. Wichtige bundesdeutsche Gesetze wie die Entsenderichtlinie, die Arbeitszeitrichtlinie oder die Bioethikrichtlinie hätten absoluten Vorrang vor dieser Richtlinie. Auch Bestimmungen und übergeordnete öffentliche Interessen im Bereich des Umweltschutzes, der öffentlichen Sicherheit, des Gesundheitsschutzes und des Verbraucherschutzes des Bestimmungslandes müssten eingehalten werden. Gleichzeitig werde aber der freie Zugang von Unternehmen zum Binnenmarkt gesichert, teilen die deutschen Sozialdemokraten mit, die den Kompromiß entsprechend als großen Erfolg werten.
Ganz so weit mag der DGB-Vorsitzende Michael Sommer noch nicht gehen. „Der Druck von Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden in ganz Europa zeigt erste Erfolge. Dass sich im Europa-Parlament eine Einigung abzeichnet, ist ein wichtiges Signal, aber noch keine endgültige Entscheidung. Wir werden uns weiter dafür stark machen, dass sensible Bereiche, wie Leiharbeit und alle Dienste der Daseinsvorsorge aus der Dienstleistungsrichtlinie herausgenommen werden. Es gilt, den Druck auf das Europäische Parlament, die EU-Kommission und den Rat aufrechtzuerhalten, bis Entscheidungen für ein soziales Europa und die Rechte arbeitender Menschen getroffen worden sind“, erklärte der Gewerkschaftschef am Abend in Berlin.
Der Text der neuen Vereinbarung liegt der Redaktion zur Stunde noch nicht vor.
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