Auch dieser Leserbrief macht ähnlich wie der Spiegel-Artikel zum Bundesrechnungshof-Bericht deutlich, wo die ganze Arbeitsverwaltung in Deutschland in völlig falschen Bahnen verläuft: Wirtschaftsberater wie McKinsey & Co haben aufgrund politischen Willens der Bundesregierung seit 2002 ein "Anreiz"-System etabliert, was auf Teufel komm raus die Kosten senken soll.
Dieser Teufel im System ist zwar schon lange deutlich sichtbar, aber bisher immer noch so lebendig wie schon 2002 politisch gewünscht. Dieser Systemfehler scheint aber erst durch den Bericht des Bundesrechnungshofes (und durch den Spiegel-Artikel von Montag) allmählich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu treten.
"Was ist denn hier des Teufels?" mögen sich einige noch fragen. Die BA für Arbeit und auch alle nachgeordneten Jobcenter sind Behörden. Als Behörden ist es ihre vornehmste Pflicht, sich streng an Recht und Gesetz zu halten. Millionen von Bürgern mussten aber in den vergangenen 8 Jahren (seit Einführung der Hartz IV-Gesetze) verbittert feststellen, dass sich diese Behörden in erster Linie an ganz anderen Vorgaben orientieren und Recht und Gesetz oftmals sehr seltsam auslegen, es in beängstigend vielen Fällen offen brechen und kalt kalkulierend andere Institutionen (wie zB die Sozialgerichtsbarkeit) missbrauchen, um ihr Ziel zu erreichen, welches regelmässig auf "Kostensenkung" hinauslief - was sie selbst dann häufig erreichten (zumindest teilweise), wenn sie im Prozess letztendlich unterlagen.
Dafür werden gezielt die Sozialgerichte überlastet, den Hilfsempfängern wider besseres Wissen ihre Ansprüche vorenthalten und alle damit einhergehenden gesellschaftlichen Folgen billigend in Kauf genommen (Verelendung von Kindern, erhöhte Kriminalität, Suchtkrankheiten und Depressionen etc) - alles nach dem Motto: solange die damit verbundenen Sozialkosten nicht auf das persönliche Jobcenter zurückfallen (in den vorgenannten Beispielen fallen sie auf die Justizverwaltung, die Krankenkassen, Jugendämter, Polizei etc zurück), heiligt der Zweck die Mittel.
Wie kommt es denn, dass eine deutsche Behörde sich so vom Standard dieses Landes entfernt? Immerhin hat das katastrophale gesellschaftliche und staatspolitische Folgen, wenn Millionen von Bürgern feststellen müssen, dass es hier gewisse Behörden gibt, denen man nicht mehr vertrauen kann, weil sie so häufig dabei ertappt werden, wie sie das Recht vorenthalten, ignorieren oder gar offen brechen.
Es kommt davon, wenn man einem ganzen Behördenzweig (hier der Arbeitsverwaltung) vorgibt, nach betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zu funktionieren. Wenn man Behörden untereinander in Konkurrenzdenken versetzt (Vergleichszahlen), überall und ständig Controlling einsetzt und als Krönung der Perversion noch die Mitarbeiter mit Bonuszahlungen "motiviert", ganz gezielt ihre Arbeitskraft so einzusetzen, dass sie bestimmte "Credits" (Punkte) sammeln, um ihren persönlichen Geldbeutel zu füllen - dann schreit man geradezu nach Rechtsbrüchen. Das das Schielen auf Punkteerfüllung und den eigenen Gehaltszettel ganz schnell auf breiter Front zu Verhalten führt, welches mit Recht und Gesetz im
Widerspruch steht, dürfte niemanden überraschen.
Die Arbeitsverwaltung müsste wieder vom Kopf auf die Füsse gestellt werden. Bonus- und Punktesysteme abgeschafft, die Mitarbeiter wieder an Recht und Gesetz gewöhnt und verpflichtet (und natürlich unbefristet nach Tarif angestellt) werden - der Rest wird sich dann finden.