Das Bundesverfassungsgericht
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Beratungshilfe für einen Widerspruch gegen die Kürzung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Gesetzgeber hat längst die Prozesskostenhilfe für die unteren Instanzen eingeführt und ist dabei davon ausgegangen (vgl. BTDrucks 8/3068, S. 22 f.), dass das Sozialrecht eine Spezialmaterie ist, die nicht nur der rechtsunkundigen Partei, sondern selbst ausgebildeten Juristen Schwierigkeiten bereitet.
Rz 39
Es kann der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, den Rat derselben Behörde in Anspruch zu nehmen, deren Entscheidung sie angreifen will.
Rz 43
Von der Rechtsuchenden kann nicht erwartet werden, sich darauf zu verlassen, dass die Behörde aufgrund eigener Kompetenz immer zu einer richtigen Entscheidung gelangen werde. Dies gilt insbesondere auch angesichts der bekanntermaßen hohen Widerspruchs- und Rz 31
DerKlagequote in Verfahren über Leistungen nach dem SGB II und der noch ausstehenden höchstrichterlichen Klärung neuer Rechtsfragen.
Rz 46
Zu berücksichtigen ist auch, dass das Vorverfahren in ein Klageverfahren mit der beratenden Behörde als potentiellem Prozessgegner münden kann. Das Widerspruchsverfahren dient nicht nur dem Zweck einer Selbstkontrolle der Verwaltung, sondern auch dem Rechtsschutz des Betroffenen und der Entlastung der Gerichte.
Rz 47
Auch wenn sich im Einzelfall ein objektiver Mehrwert anwaltlicher Beteiligung gegenüber behördlicher Beratung nicht empirisch voraussagen lässt, handelt es sich bei einer zusätzlichen und von außen kommenden Durchsetzungshilfe im Widerspruchsverfahren grundsätzlich um eine geeignete Maßnahme zur Effektivitätssteigerung des Verfahrens. Diesem Gesichtspunkt kommt wegen des existenzsichernden Charakters der erstrebten Sozialleistung besondere Bedeutung zu. Im konkreten Fall geht es um die Beratung wegen einer geminderten Leistung von Arbeitslosengeld II. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (vgl. BVerfGE 82, 60 <80>). Insofern ist auf eine möglichst effektive Gestaltung des Vorverfahrens insbesondere wegen seiner grundsätzlich zeitverzögernden Wirkung und Verbindung zum Klageverfahren zu achten.
Rz 48
Der rein fiskalische Gesichtspunkt, Kosten zu sparen, kann nach den dargestellten Gründen nicht als sachgerechter Rechtfertigungsgrund angesehen werden.