jeder der eine andere bildung will, bekommt sie....
ist alles zugänglich, daran liegt es nicht....
Leider hindern sehr wohl psychisch gesetzte Grenzen sowohl den Wunsch nach Bildung als auch Eigenmotivation und die Fähigkeit, sich entsprechende Informationen zu besorgen.
Dieses geschieht bedauerlicherweise sehr früh in einem Menschenleben, ich würde mal das Grundschulalter als hauptsächlich hier veranschlagen, manche Kinder verweigern aufgrund bestimmter Gegebenheiten möglicherweise auch früher. Wenn in diesen Institutionen bereits Kinder bestimmter Bevölkerungsschichten auf bestimmte Gleise geschoben werden ist es viel schwerer, diese psychischen "Behinderungen" später abzubauen, und zwar sowohl für diese selber als auch für Dritte.
Habe ich unter unserer Armut gelitten? Zu Hause nicht. Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit und fühlte mich überhaupt nicht „arm“. Aber natürlich wurde das Leid von außen an mich herangetragen. (Nicht nur) Kinder sind oft grausam, und ein Mädchen, das mit selbstgenähten/selbstgestrickten Kleidern zur Schule geht, wird nun einmal gehänselt und verachtet. Doch ich habe daraus eine wichtige Lektion fürs Leben gelernt. Meine Eltern haben mich, wenn ich wieder einmal weinend nach Hause kam, damit getröstet, dass der „Wert“ eines Menschen NICHT durch seinen Besitz bestimmt wird, sondern nur durch seinen Charakter und dass gerade diejenigen, die mich wegen meiner Armut diskriminierten und verachteten, keinen guten Charakter hätten, da „gute“ Menschen so etwas niemals täten. Dadurch habe ich lernen können, hinter die Fassaden zu blicken und Menschen nach ihren Taten zu beurteilen, nicht nach ihren (schönen) Worten.
Worin wohlstandvernachlässigte Gören natürlich eindeutig im Nachteil sind. Was hier auch veranschaulicht wird ist die gefühlte Ausgrenzung - und nicht alle Kinder haben stärkende Eltern im Rücken, welche auf echte und beständige Werte hinweisen können.
Obwohl bei uns das Geld knapp war, wurde Bildung groß geschrieben. Schließlich gab es eine Bücherei, deren Benutzung kostenlos war, und meine Eltern animierten mich dazu, reichlich Gebrauch davon zu machen. Ihr Argument lautete: „Alles Wissen dieser Welt steht in Büchern geschrieben. Ebenso alle Abenteuer, die man erleben kann und Zauberhaftes aus anderen Welten. All dieses Wissen und diese Abenteuer kannst du durch die Bücher selbst erfahren.“
Schön wenn Kinder so an die Nutzung der lesenswerten Möglichkeiten herangeführt werden können. Was aber, wenn sie aufgrund stets schlechter Erfahrungen gar ncht erst anfangen zu lesen? Lese-Patenschaften finde ich zum Beispiel ein sehr schönes Projekt - die aber gibt es viel zu selten.
Meine Mutter überwachte konsequent am Nachmittag, dass ich meine Hausaufgaben erledigte und für die Schule lernte, und mein Vater brachte mir am Abend nützliche handwerkliche Fähigkeiten bei oder spielte mit mir.
Wo ist denn das so möglich in der Familie? Wenn Menschen ärmerer Gesellschaftsschichten faktisch gezwungen sind voll zu arbeiten oder sogar mehr als einen Job, wo sollte diese Zeit herkommen? Waren früher die Eltern wirklich "disziplinierter", oder haben sich nicht auch die Ansprüche in den Jobs stark gewandelt, so dass u.U. Eltern eher vollständig erschöpft als noch fähig für den Nachhilfeunterricht nach Hause kommen?
Durch ständiges, nie nachlassendes Bemühen, haben meine Eltern – und später auch ich – es geschafft, sich aus der Armut freizukämpfen und von der „Unterschicht“ in die Mittelschicht aufzusteigen. Das Wort „aufgeben“ existierte bei uns nicht, und dem Staat auf der Tasche zu liegen, wenn man die Möglichkeit hatte, durch der eigenen Hände (oder des Verstandes) Arbeit den Lebensunterhalt selbst zu verdienen – und zwar ganz gleich mit welcher Art von (legaler!) Arbeit – kollidierte derart mit unserer Selbstachtung, dass dieser Gedanke nie aufkam. Egal wie schlecht es uns ging, wir wollten nie „Schmarotzer“ sein.
Ich denke, hier haben sich einfach auch die Zeiten geändert. Wenige können es überhaupt noch schaffen durch "nie nachlassendes Bemühen" irgendwohin aufzusteigen. Nicht einmal deren Kinder.
Und da wir uns lange Zeit auch keinen Fernseher leisten konnten, spielten wir Gesellschaftsspiele oder im Hinterhof Ball, lasen Bücher und ging es an jedem Sonntag bei Wind und Wetter hinaus in die Natur zum Wandern.
Ja, ich spielte auch noch draussen, auf den Feldern, im Wald, auf der Strasse. Heute? Sorry, keine Chance, die Städte fressen das Land auf, und was davon noch übrig ist darf mensch nicht betreten oder Eintritt zahlen. Ein paar Parks, o.k., vorgefertigte Spielplätze - und wehe Kinder sind zu laut beim Spielen im Hof, dann haben die Eltern gleich das asoziale Etikett. Sind sie kreativ und verzieren graue Unterführungen oder sonstiges mit bunten Farben, kriegen sie eine Strafanzeige. Darüber zu stehen kostet schon unweigerlich Kraft.
Armut beziehungsweise das Entkommen daraus ist nach meiner Erfahrung und Überzeugung nur in sehr begrenztem Maße eine Frage des Geldes, aber sehr stark eine Frage der Bereitschaft, sein Leben so weit es nur möglich ist eigenverantwortlich zu gestalten. Man hat IMMER die Wahl, eine unbefriedigende Situation aktiv zu verändern oder sie passiv zu erdulden und sich selbst, seine Perspektive und damit seine Zukunft aufzugeben.
Nur wird hier wieder vergessen, dass damals NICHT HEUTE ist. Die Pfründe sind verteilt, den Kindern bleiben keine Krumen.
Was unser Land und vor allem die Menschen brauchen, ist nicht mehr Kindergeld, mehr Sozialgeld, mehr ALG II, sondern Investitionen in Bildung. Die Statistiken belegen, dass es die wenigsten Arbeitslosen/Geringverdiener unter den Akademikern gibt und die meisten unter den Ungelernten.
Richtig, Bildung und die Chance darauf braucht es unbedingt. Doch was dann mit den ganzen Akademikern, wenn diese heute bereits keine Jobs haben? Da wurde einfach kurz gedacht. Kürzlich, in de U-Bahn (Uni-Linie):
- Was machst du nach dem Bachelor?
- Den Master, ohne den bist du ja gar nichts, kriegst eh keinen Job.
"Master" wird es so gesehen viele geben - doch Jobs dafür noch lange nicht. Und was machen ausgebildete Sekretärinnen, wenn jeder Support-Job mit einem Master belegt ist? Dann beginnt das Gleiche von vorn. Die Konkurrenz um nicht Vorhandenes lässt sich ins Unermeßliche steigern.
Doch in keinem Land der Welt ist der Bildungsstand so sehr abhängig vom Sozialstand wie in Deutschland. Das muss sich ändern!
Da gebe ich ihr völlig recht: Um endlich Schnösel-Deutschland abzulösen durch Leute, die wirklich was drauf haben und auch reale Lebensumstände nicht vergessen.
Denn Geld, das den betroffenen Familien/Einzelpersonen als Unterstützung in einem (beinahe) „Rundum-Sorglos-Paket“ vom Staat gezahlt wird, ist nur ein Anreiz dazu, sich auf die faule Haut zu legen und ohne Gegenleistung zu kassieren. Aber so funktioniert das Leben nun mal nicht!
DAS Rundum-Sorglos-Paket hätte ich doch gerne mal kennengelernt. Schon alleine Kinder gross- und zu erziehen ist eine 100%ig einen Vollzeit-Lohn werte Angelegenheit. Andersherum: Bitte keine Renten-Ansprüche, Ihr Neunmalklugen die alles aufgefressen habt, so dass für die Nächsten nichts mehr übrig ist. Nicht einmal ein Fleckchen Platz zum Spielen und lernen, kreativ zu sein, ohne dass irgendwer was zu motzen hätte.
Wer verlangt, dass die Gemeinschaft im Notfall für ihn sorgt (Arbeitslosengeld I und II, Sozialgeld etc.), der muss auch seinen eigenen Beitrag dazu leisten, so gut er kann.
Hunderte Male diskutiert. Fast alle HABEN ihren Anteil, zeitlich versetzt, eingebracht, damit andere aufgefangen - und dann auch mal das Recht, selber zeitweilig aufgefangen zu werden.
Ich habe es dadurch IMMER WIEDER geschafft, mich aus den prekären Situationen zu befreien und Zeiten von Armut in meinem Leben zu überwinden – weil ich es mit aller Macht so WOLLTE und alle mir zur Verfügung stehenden Mittel dazu genutzt habe.
Ich auch - bis ich Kinder hatte, was die Autorin selber nicht beschreibt, vermutlich dieses Wagnis gar nicht angegangen ist. Ganz schön bequem, da andere zu mahnen.
Auch vergisst die Autorin gerne und in vieler Hinsicht, wie PRIVILEGIERT sie war: Stützende Eltern, Ermutigung zu Lesen und Bildung, die Unterstützung der Eltern, dass das Kind auf das Gymnasium geht, offensichtlich keine schwereren Krankheiten etc.
Vor allem aber geben unsere aktiven Bemühungen uns Hoffnung auf positive Veränderung und irgendwann mit Sicherheit auch Erfolg, und sei er noch so bescheiden. Und manchmal liegt die Lösung eines Problems – gerade wenn es sich dabei um Armut handelt – auch einfach nur in einem Wechsel der (Betrachtungs-) Perspektive ...
Wenn durchblickt ist, dass bspw. KINDER in diesem Land massiv diskriminiert werden alleine schon durch das ihnen zugestandene Existenzminimum, sei es bei HARTZ4, dem Steuerrecht oder in Insolvenzfreibeträgen, dann muss ich der Autorin leider absolute BLINDHEIT vorwerfen. KEINE CHANCEN für manche Kinder ist NICHT eine Frage des Wechsels des Betrachtungswinkel - es ist eine Realität. Die Umverteilung von Kapital und Sachwerten von Kleinverdienern zu Grossbesitzenden ist keine Frage des Betrachtungswinkels - sondern Realität. Die Repressalien innerhalb der Erwerbslosigkeit, die Schamlosigkeit mit welcher neodarwinistisch auf Mitgliedern der Gesellschaft herumgetrampelt wird, zu deren Schutz früher Gesetze eingeführt wurden, ist REALITÄT - die Umkehr zu einem Staat, in dem der Grosse den Kleinen frisst und der Starke den Schwachen, und sei es auch nur einen Augenblick, ist real, und nicht nur so betrachtet.
Klar ist, dass wir uns selbst am Schopf herausziehen müssen. Dazu bedarf es jedoch einer völlig anderen Gedanken-, Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur, in einem geschlossenen System ist rein quantitaves Wachstum logischerweise einmal begrenzt, und alles Andere ist absurd. Die Paradigmen müssen sich vollständig wandeln, um überhaupt Neues zu erschaffen, und dabei hilft kein wehmütiges Festhalten der guten alten Zeit, wo vieles schlicht noch möglich war.
LG
Emily